"Im Land der Reparaturmedizin"

Handlungsbedarf: 23 bis 25 Prozent der Jugendlichen in Wien sind übergewichtig. Auch, weil die richtige medizinische Betreuung fehlt
Ärztegesellschaft Juventas wird auf dem Gebiet Prävention bei Schülern und Jugendlichen aktiv.

.

"In Österreich ist Prävention ein Stiefkind", sagt Kathrin Hoffmann von der Gesellschaft Juventas. "Im Erwachsenenalter werden Gelder für Behandlungen ausgegeben, die man sich mit Vorsorgeuntersuchungen im Kindes- und Jugendalter hätte ersparen können."

Juventas wurde aus diesem Grund vor zwei Jahren im Sog der Gespräche über die tägliche Turnstunde ins Leben gerufen. Dabei handelt es sich nicht um einen Fußballklub aus Turin, sondern um ein Projekt, das sich mit Gesundheitsförderung bei den Jugendlichen auseinandersetzt. Die Schwerpunkte der Gesellschaft um namhafte Ärzte sind Kardiologie, Orthopädie, Ernährungsmedizin und Allergien. Denn: Die Vorsorgeuntersuchungen mittels Mutter-Kind-Pass enden nach fünf Jahren. "Zwischen sechs und 18 Jahren passiert am meisten, aber vorgeschriebene Untersuchungen fehlen", sagt Kardiologe und Juventas-Obmann Miklos Pinter. Und gerade in diesem Zeitraum danach seien Untersuchungen oft lebenswichtig. Univ. Prof. Kurt Widhalm, Facharzt für Kinder- und Jugendheilkunde: "23 bis 25 Prozent der Jugendlichen in Wien sind übergewichtig. "Hat sich das Übergewicht einmal entwickelt, ist die Erfolgsquote nur noch gering." Auch, weil die Ernährung nicht passen würde.

Schlimme Folgen

Vor allem Blutuntersuchungen sind hilfreich. Hohe Cholesterinspiegel können dadurch verhindert werden. "Im Alter von 30 bis 40 Jahren würden diese mit hoher Wahrscheinlichkeit zum Herzinfarkt führen."

Mittlerweile geht man in Schulen, spricht viel mit Eltern und ist auch bei Sportvereinen aktiv. "Wir können zumindest Initialzündungen setzen", sagt Pinter. "Durch die Früherkennung von Krankheiten können Risiken verhindert werden." Ein Beispiel ist die Nachwuchs-Kickerin Fatima Sahin, die untersucht wurde und nach einer Herzoperation zur besten Nachwuchsspielerin Wiens gekürt wurde. "Ohne Untersuchung hätte es schlimmer enden können", erklärt Sportlehrer Karlheinz Piringer.

Der Verein ist auch auf anderer Ebene aktiv. "Es geht um die Qualität der Turnstunden und um ihre Abstimmung auf die individuellen körperlichen Bedürfnisse", sagt Christof Radler, Facharzt für Orthopädie. Wichtig sei es, dass Eltern und Lehrer für dieses so wichtige Thema sensibilisiert werden. Das Gesundheitsministerium hatte vor einigen Jahren einen Gesundheitspass für Schüler geplant, "dieser ist aber nie umgesetzt worden", sagt Widhalm. "Für die Gesundheit werden in Österreich viele Gelder ausgeben, aber für präventive Maßnahmen nicht", sagt Hoffmann. "Einfach, weil wir im Land der Reparaturmedizin leben."

Kommentare