Warum viele Schmerzpatienten schlecht versorgt sind

350.000 Patienten mit chronischem Schmerz als eigenständige Krankheit.
Laut Experten gibt es große Defizite bei der Versorgung Hunderttausender Patienten.

In Österreich gibt es weiterhin große Defizite in der Versorgung Hunderttausender Patienten mit chronischen Schmerzen. Die Situation sei stabil ähnlich schlecht wie beim Rauchen, sagte am Dienstag der Kärntner Experte Rudolf Likar aus Anlass der bevorstehenden "Österreichischen Schmerzwochen".

Den Plan der schwarz-blauen Regierung, das ab Mai vorgesehene und ehemals auch von der ÖVP mitbeschlossene Rauchverbot in der Gastronomie zu kippen, sehen die Fachleute von der Österreichischen Schmerzgesellschaft (ÖSG) vergleichbar zur Situation der Schmerzmedizin in Österreich. "1992 war (Michael; Anm.) Ausserwinkler (SPÖ; Anm.) Gesundheitsminister. Er hat gesagt, er wird Rauchverbote einführen. Wo stehen wir heute? Das ist eine Parallele zum Schmerz."

Nur 48 Schmerzambulanzen

ÖSG-Präsidentin Gabriele Grögl-Aringer nannte dazu Zahlen: "Es gibt in Österreich aktuell nur 48 Schmerzambulanzen, in Vorarlberg nur eine einzige. Es haben in den vergangenen Jahren Schließungen stattgefunden. Nur ein ganz geringer Anteil ist täglich geöffnet. Es fehlen die personellen Ressourcen."

Laut der Gesundheitsbefragung der Statistik Austria im Jahr 2014 sind rund 3,6 Millionen Menschen innerhalb von vier Wochen mit Schmerzsymptomen konfrontiert. 1,5 Millionen Personen leiden an chronischen Schmerzen, rund 350.000 Patienten haben schwere chronische Schmerzen als eigenständige Krankheit.

Viele Patienten mit Schmerzen

"Eine Umfrage unter Allgemeinmedizinern hat gezeigt, dass 25 bis 50 Prozent der Patienten die Ordinationen wegen akuter Schmerzen aufsuchen", sagte Gabriele Grögl-Aringer. Zu 49 Prozent seien Rückenschmerzen, zu 46 Prozent Kopfschmerzen auf diesem Gebiet die Ursache eines Arztbesuches. Während rund 1.000 Ärzte in Österreich ein "Schmerzdiplom" in der Fortbildung absolviert haben und ein zweites Diplom kommen soll, würden schmerzmedizinische Maßnahmen in den Leistungs- und Tarifkatalogen der Krankenkassen kaum oder gar nicht abgebildet. Es fehle an spezialisierten Einrichtungen, ein multimodales und interdisziplinäres Zentrum gebe es nur in Kärnten.

Kaum Probleme gibt es in Österreich mit problematischem Umgang mit Opiaten in der Schmerzmedizin, was in den USA durch exzessive Anwendung solcher Medikamente auch bei Nicht-Tumor-Patienten zu einem massiven Anstieg der Zahl der Abhängigen und zu pro Tag durchschnittlich 19 Todesopfern durch Überdosierungen geführt habe, betonte Likar.

Sorgsamer Umgang mit Opiaten

Die österreichischen Ärzte würden - im Gegensatz zu den USA - Opioide in der Schmerztherapie sorgsam und gemäß den Leitlinien einsetzen. "Wir haben schon 2015 in Österreich ein Positionspapier herausgebracht, wie Patienten mit Nicht-Tumor-Schmerzen behandelt werden sollen. Dieses Positionspapier wird eingehalten", sagte der Experte. Der Einsatz der Opiate erfolge restriktiv und besonders bei Patienten ohne Krebserkrankung zunehmend in niedrigeren Dosierungen. Problematische Einzelfälle könne es aber immer geben.

Falsch sei jedenfalls der amerikanische Weg mit der Zulassung einer "Impfung" gegen Opiate. Durch die hervorgerufene Immunreaktion gegen alle Arzneimittel mit solchen Inhaltsstoffen werde nämlich jede Anwendung unmöglich. Viel besser sei es, die Ursachen solcher Probleme zu bekämpfen - die zu laxe Verschreibweise durch Ärzte.

Nicht abrücken wollen die österreichischen Schmerzspezialisten von ihrer Position, dass THC und Cannabinoide als Medikamente zu betrachten sind, die ausschließlich in die Hand von Ärzten gehörten. Schließlich müssten auch Studien durchgeführt werden, um die optimalen Einsatzmöglichkeiten herauszufinden. Krebspatienten sollte man keine falschen Hoffnungen machen.

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