Lungenkrebs: "Das sind ganz neue Dimensionen"

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Die Überlebenszeit wird immer länger. Neue Medikamente machen die Krankheit besser behandelbar.

Knapp über 250 Patienten mit einem nicht-kleinzelligen Lungenkarzinom könnten jährlich von einer neuen Therapie profitieren – und ihr Überleben maßgeblich verlängern. Mit einer einzigen Tablette am Tag.

Die Rede ist vom Tyrosinkinase-Hemmer Osimertinib, der vom britischen Pharmakonzern AstraZeneca entwickelt und aufgrund seines Erfolgs im Eilverfahren in den USA und nun auch in der EU zugelassen wurde.

"Das sind ganz neue Dimensionen", sagt dazu Prim. Peter Errhalt, Leiter der Pneumologie am Universitätsklinikum Krems. Noch vor wenigen Jahren lag die mittlere Überlebenszeit für diese Art von Lungenkrebs mit einer Chemotherapie bei acht bis zehn Monaten. "Jetzt können wir noch nichts über die Überlebensrate sagen, weil das Medikament erst vor drei Jahren entwickelt wurde und noch so wenig Menschen unter der Behandlung gestorben sind." Dazu kommt, dass die Nebenwirkungen laut Errhalt deutlich geringer sind als unter einer Chemotherapie. "Sogar Antibiotika haben manchmal mehr Nebenwirkungen."

Die neue zielgerichtete Therapie ist für rund 13 Prozent der Patienten mit einer bestimmten Genmutation geeignet und wird laut Errhalt auch von den Krankenkassen übernommen. "Das Medikament ist teuer, aber die herkömmliche Chemotherapie hat nicht diesen durchschlagenden Erfolg und verursacht mit den vielen Nebenwirkungen auch hohe Folgekosten."

In den vergangenen Jahren sind zwar schon zielgerichtete Therapien für diese bestimmte Mutation auf den Markt gekommen, doch die Tumore bildeten innerhalb von neun bis 14 Monaten durch neue Mutationen Resistenzen, so dass die Therapien ihre Wirkung verloren. "Die neue Therapie ist maßgeschneidert für diese Mutation. Das ist Drug-Design erster Sahne", erklärt Errhalt und verspricht sich weitere Entwicklungen für die Behandlung anderer Formen von Lungenkrebs.

"Derzeit werden ca. 55 Mutationen untersucht – für wenige gibt es bisher wirksame Therapien. Wie bei dieser maßgeschneiderten Behandlung sind auch schon Therapien für andere Mutationen in der Pipeline. Die Vision ist, dass wir aus dem bisher tödlichen Krebs eine chronische Krankheit machen."

Statt Chemo

Bei der Diagnose Lungenkrebs gilt es daher zunächst herauszufinden, um welche Form es sich handelt. Liegen Mutationen im Gen für den Rezeptor des Epidermal-Growth-Factor (EGFR) vor, werden zunächst die erste und zweite Generation der Tyrosinkinase-Hemmer eingesetzt. Sobald diese Mittel ihre Wirkung durch Resistenzen verlieren, kommt die neue Generation zum Einsatz.

"Es ist zu erwarten, dass der Tumor im Laufe der Zeit wieder mit einer neuen Mutation reagiert, aber wir glauben zu wissen, welche das sein wird und das Medikament dafür wird im Hintergrund auch schon entwickelt", verrät Errhalt.

Auf diese Art werden diese und andere Formen von Lungenkrebs immer besser behandelbar. "Früher war der Nachteil von Lungenkrebs, dass es so viele Mutationen gab." Das machte ihn schwer angreifbar – so waren die Überlebensraten sehr schlecht. Doch die neuen Behandlungsansätze geben viel Grund zur Hoffnung: "Der Vorteil ist, dass wir in Zukunft viele Designer-Medikamente für diese Mutationen finden werden. Da kommt in den nächsten Jahren viel auf uns zu."

Lungenkrebs: "Das sind ganz neue Dimensionen"

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