Klimawandel: "Kein Zeichen der Verlangsamung"

Klimawandel: "Kein Zeichen der Verlangsamung"
Am Montag veröffentlicht der Weltklimarat seinen Sonderbericht zum 1,5 Grad-Ziel. Die Zahlen sind alarmierend.

Im Pariser Klima-Abkommen wurde 2015 erstmals international das Ziel festgeschrieben, die Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad, möglichst aber auf 1,5 Grad, zu begrenzen. Um sich bei der Umsetzung dieses ehrgeizigen Ziels auf den neuesten Forschungsstand stützen zu können, beauftragten die Vertragsstaaten den Weltklimarat IPCC mit einem umfassenden Bericht zum 1,5-Grad-Ziel. Am Montag wird der Bericht veröffentlicht - und schon jetzt ist klar, dass zwischen Anspruch und Wirklichkeit eine enorme Lücke klafft.

Bereits seit vergangenem Montag beugen sich Diplomaten aus aller Welt über eine Zusammenfassung des rund 400 Seiten starken IPCC-Berichts, den 86 Wissenschafter zusammengetragen haben. Die Diplomaten gehen das 22-seitige Resümee Zeile für Zeile durch, um es schließlich zusammen mit dem kompletten Bericht zu verabschieden.
IPCC-Chef Hoesung Lee sprach zum Auftakt der Beratungen im südkoreanischen Incheon von einem „der wichtigsten Treffen in der Geschichte“ des Weltklimarats. Tatsächlich dürfte der Bericht, für den mehr als 6.000 Studien aus anerkannten Wissenschaftspublikationen ausgewertet wurden, einen maßgebliche Einfluss auf die Klimapolitik der kommenden Jahrzehnte haben. Zwar versteht sich der IPCC ausschließlich als beratendes Gremium, seine Erkenntnisse können die politischen Entscheidungsträger aber kaum ignorieren.

Anhaltende Tendenz

„Leider sind wir weiter mitten auf dem Weg zur 1,5-Grad-Grenze und die anhaltende Tendenz zur Erwärmung zeigt kein Zeichen einer Verlangsamung“, sagte die Vize-Chefin der Weltorganisation für Meteorologie (WMO), Elena Manaenkova, in Incheon. Drastischer formuliert Peter Frumhoff von der US-Wissenschaftlerorganisation Union of Concerned Scientists die Botschaft des IPCC-Berichts: „Ich weiß nicht, wie irgendjemand das lesen und es nicht total alarmierend finden könnte.“
Tatsächlich enthält der Bericht die Botschaft, dass selbst eine Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 Grad im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter die Zunahme gefährlicher Wetterextreme nicht stoppen wird. Schließlich hat die schon erfolgte Erderwärmung um etwa ein Grad bereits für eine deutliche Zunahme von Hitzewellen, Dürren, Superstürmen und Überschwemmungen gesorgt.

Wirtschaftlicher Umbau nötig

Um eine noch gefährlichere Erderwärmung von mehr als 1,5 Grad zu verhindern, bedarf es laut IPCC weltweit eines schnellen und vollständigen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Umbaus. Umweltschützer kritisieren, dass der Weltklimarat in seinen Szenarien dennoch wie selbstverständlich von einer wachsenden Weltwirtschaft ausgehe.
„Für eine zukunftsfähige und handlungsrelevante Klimapolitik braucht es mehr radikalen Realismus“, forderte etwa Lili Fuhr, Umweltexpertin der Grünen-nahen Heinrich-Böll-Stiftung. Die IPCC-Wissenschafter hätten daher die Möglichkeit alternativer Entwicklungsmodelle in Betracht ziehen müssen.
Bei den Beratungen in Incheon könnte die Berichtszusammenfassung überdies auf Betreiben von einigen nationalen Delegationen entschärft werden. So hätten Saudi-Arabien und ein paar andere Länder damit gedroht, den IPCC auszubremsen, sagt einer der Berichtsautoren. China soll insbesondere Vorbehalte gegenüber den in dem Bericht genannten politischen Handlungsoptionen für den Klimaschutz haben.

Donald Trump


Und wie sich die US-Delegation bei der Verabschiedung des ersten IPCC-Berichts seit Amtsübernahme des klimaskeptischen Präsidenten Donald Trump verhält, sei völlig ungewiss, sagt der Princeton-Geowissenschafter Michael Oppenheimer.
Einen klimapolitischen Masterplan für die Regierungen in aller Welt wird der IPCC-Sonderbericht in keinem Fall liefern. Er enthalte auch keine definitive Antwort auf die Frage, ob das 1,5-Grad-Ziel erreicht werden kann, sagt der französische Mitautor Henri Waisman. „Der Bericht wird nicht einfach 'ja' oder 'nein' sagen.“ Vielmehr hätten er und seine Kollegen versucht, „so viele Informationen wie möglich in die Hände der Politiker zu legen“. Was diese damit anfangen, wird sich bereits bei der nächsten UN-Klimakonferenz im Dezember in Kattowitz zeigen.
 

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