Jede dritte Geburt mit Kaiserschnitt

Jede dritte Geburt mit Kaiserschnitt
Der Kaiserschnitt wird immer beliebter, doch er birgt Folgeprobleme. Für Mutter und Kind.

Bei der Frau von heute läuft alles nach Plan: Ausbildung, Karriere und Schwangerschaft werden nach Möglichkeit aufeinander abgestimmt. Immer öfter soll sich auch die Geburt nach dem Terminkalender richten. Österreichweit wird fast jedes dritte Baby per Kaiserschnitt zur Welt gebracht (31,5 Prozent) – doppelt so oft als noch vor 15 Jahren. In einigen Geburtskliniken liegt die Kaiserschnittrate sogar bei über 50 Prozent. Und das, obwohl die Zahl von Mehrlingsgeburten nach einer künstlichen Befruchtung dank neuer Leitlinien rückläufig ist.

Jede dritte Geburt mit Kaiserschnitt
Prim. Univ.-Prof. Barbara Maier (Bild), Präsidentin der Österreichischen Gesellschaft für Psychosomatik in der Gynäkologie und Geburtshilfe (ÖGPGG) spricht von einer regelrechten „Kaiserschnitt-Epidemie“ und warnt vor unterschätzten Folgeproblemen: „Diese Eingriffe bergen Probleme und Risiken für später notwendige Operationen. Das ist kein Klacks.“

Zu den möglichen Schwierigkeiten gehören Eileiterschwangerschaften, Plazenta-Einnistungsstörungen und ein erhöhtes Risiko für Frühgeburt bei Folge-Schwangerschaften. Außerdem führen Narben und Verwachsungen häufiger zu Komplikationen bei anderen operativen Eingriffen wie etwa Bauchspiegelungen.

Abgesehen davon, wird auch immer wieder die Bedeutung der Geburt für die Mutter-Kind-Bindung betont. Maier: „Ein gelungenes Geburtserlebnis stärkt das Bonding, die Mutter ist stabiler und hat bessere Ressourcen, sich um das Kind zu kümmern.“

Schmerzen

Auffallend sind laut Maier die großen regionalen Unterschiede bei den Kaiserschnittraten: In Salzburg etwa 21 Prozent, in Wien 29,5 Prozent. „Diese Unterschiede ergeben sich nicht aus den Entscheidungen der Frauen, sondern aus der Aufklärung durch den Arzt.“

Häufig wird die Entscheidung zu einem Kaiserschnitt mit der Angst vor Schmerzen begründet. „Die Frauen sind manchmal so eingeschüchtert, dass sie einen Kaiserschnitt wollen.“ Wenn man sie aber motiviert und ermutigt, würden sie meistens sehr gut entbinden. Was vielen nicht klar ist: Ein Kaiserschnitt erspart zwar die Geburtsschmerzen, doch klagen Frauen oft über stärkere Schmerzen in der Phase der Wundheilung. Außerdem gebe es bei einer natürlichen Geburt noch immer die Möglichkeit eines Kreuzstichs.

„Ich muss als Ärztin eine Beziehung mit der werdenden Mutter aufbauen, sie muss mir vertrauen und dann kann man das gemeinsam schaffen.“ Umgekehrt fürchten viele Ärzte und Geburtshelfer jedoch rechtliche Konsequenzen, sollte es doch zu Problemen kommen. Zudem ist ein Kaiserschnitt besser planbar. Weil der Arzt nicht 24 Stunden am Tag auf Abruf verfügbar sein muss.

Senkung

Die im internationalen Vergleich sehr hohen Kaiserschnittraten haben auch schon Gesundheitsminister Alois Stöger auf den Plan gerufen. Im Rahmen seiner Kindergesundheitsstrategie will er die Kaiserschnittrate in Österreich auf 15 Prozent halbieren. Das entspricht auch den Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO), die ab einer Kaiserschnittrate von 15 Prozent keine Vorteile für die Mütter und Kinder sieht.

Gleich vorweg: „Ein medizinisch notwendiger Kaiserschnitt hat nur Vorteile für Mutter und Kind“, erklärt der Kinder- und Jugendarzt Prim. Univ.-Prof. Karl Franz Zwiauer. Doch bei einer normalen Schwangerschaft zu behaupten, ein Kaiserschnitt sei genauso sicher wie eine natürliche Geburt, sei nur die halbe Wahrheit.
„Kinder aus Wunsch-Kaiserschnitten haben einige gravierende Nachteile, die in wissenschaftlichen Studien mehrfach belegt sind“, sagt Zwiauer. Wenn Mutter oder Arzt zwecks Planbarkeit einen Wunsch-Kaiserschnitt wollen, wird das Kind meist vor der 40 Schwangerschaftswoche geholt. Es gebe genug wissenschaftliche Daten, die belegen, dass dies für die Kinder nicht optimal ist.

Allem voran fehlen ihnen nützliche Bakterien, die sie sonst im Geburtskanal bekommen hätten. Diese schützen sie vor Krankheitserregern. „Diese Kinder haben eine andere Darmflora und ein erhöhtes Risiko für Allergien, Infektionen, Asthma bis hin zu Diabetes Mellitus“, erklärt Zwiauer mögliche Folgen, die nicht von der Hand zu weisen seien. „Das führt zu einer erhöhten Krankheits- und Sterblichkeitslast.“ Unmittelbar nach der Geburt muss auch öfter die Atmung der Neugeborenen unterstützt werden. Nur wenige Auswirkungen hätte ein Wunsch-Kaiserschnitt auf die Eltern-Kind-Bindung. „Bei guter Betreuung gibt es da kaum Unterschiede.“ Handelt es sich um eine normale Schwangerschaft, sei die natürliche Geburt insgesamt absolut vorzuziehen.
 

Kommentare