Interview: "Vier Implantate in zwei Brüsten"
Thomas Paul Szymula von Richter (44) ist in München Plastischer Chirurg. 50 Prozent seiner Patienten kommen nach einer missglückten Schönheitsoperation in seine Ordination. In seinem Buch "Vier Brüste für ein Halleluja" erzählt er über skurrile, tragische und auch lustige Beispiele aus seinem Arztleben.
Der Pionier der minimalinvasiven Plastischen Mikrochirurgie will nicht nur den OP-Pfusch so mancher Kollegen aufzeigen, sondern sich vor allem dafür einsetzen, dass es für die Schönheitschirurgie eine Fachausbildung gibt. Im Gegensatz zu deutschen Ärzten stellt er den österreichischen und Schweizer Schönheitschirurgen ein gutes Zeugnis aus.
KURIER: Wie kamen Sie auf die Idee, wahre Geschichten in einem Buch preiszugeben?
Paul Szymula von Richter: Ich wollte Situationen, die ich erleben durfte, humorvoll erzählen. Mit dem sehr hinterlistigen Hintergrund, dass die Ausbildung der Schönheitschirurgen besser wird.
Was ist schlecht an der Ausbildung?
Ich war ein Schüler vom Wiener Plastischen Chirurgen Hanno Millesi. Der beste Lehrmeister, den man haben kann. Ich sehe das Gebiet der Schönheitschirurgie sehr kritisch. Wenn ein Arzt eine gute Ausbildung und auch Talent hat, bekommt man gute Ergebnisse. Übertrieben ist aber, wenn jeder Arzt aus benachbarten Disziplinen, wie HNO oder Dermatologie, sich anmaßt, sich dieses Faches zu bedienen. Und Schönheitschirurgie wird heute an keiner deutschen oder österreichischen Ausbildungsklinik vollumfänglich angeboten.
In welchen Ländern gibt es Fachausbildungen für Schönheitschirurgie?
In Lateinamerika und in den USA. Dort dürfen zwar auch alle Ärzte operieren, aber die Patienten sind klüger geworden und schauen genau, was er kann und welche Ergebnisse er schon geliefert hat.
"Vier Brüste für ein Halleluja", wie kamen Sie auf diesen Buch-Titel?
Ich hatte einmal eine Patientin, die vier Implantate in ihren Brüsten hatte. Ich dachte, das kann doch nicht wahr sein. Leider erlebe ich immer wieder solche Hallelujas, wenn Leute nach verpatzten OPs zu mir kommen.
Müssen Sie oft Kunstfehler anderer Ärzte reparieren?
Ihr Name ist in keinem Telefonbuch zu finden, warum?
Ich brauche kein Marketing. Sonst steht der Patient nicht mehr im Vordergrund. Da wird die Schönheitschirurgie als Produkt gesehen. Die Patienten haben gelitten, die zu mir kamen. Sie sind an die falschen Ärzte geraten.
Wie viele Frauen und wie viele Männer operieren Sie?
Das hat sich in den vergangenen zehn Jahren verändert. Vor zehn Jahren waren es 90 Prozent Damen. Jetzt sind es schon 20 Prozent Männer, die zu mir kommen. Der Anteil der Männer steigt.
Welche Eingriffe sind die häufigsten bei Männern?
Fettabsaugungen an Bauch, Kinn und Gesamtkörper und Faceliftings.
Und bei Frauen ...
Sind es Brustvergrößerungen, Lippen aufspritzen und Oberlider straffen.
Lehnen Sie Operationen auch ab?
Ja, ungefähr 20 Prozent. Von ihnen behandle ich dann die Hälfte mit konservativen Mitteln, wie Unterspritzungen statt Facelifting. Wenn ich merke, dass Patienten starke Raucher sind und die Komplikationen bei vorigen OPs deshalb entstanden sind, lehne ich ab. Auch wenn sie zu jung sind und es keinen Grund für eine OP gibt. Man muss als Arzt den Patienten auch klarmachen, dass es manchmal ein psychisches Problem und kein körperliches ist. Ich kann mit der OP nur die Schönheit verändern, aber nicht die Psyche.
Was kosten Ihre OPs?
Darüber spreche ich nicht. Aber Nachoperationen sind immer um fünf bis 50 Prozent teurer, weil sie viel aufwendiger sind. Bei kleinen Ausbesserungen kann es aber auch ganz wenig kosten. Fest steht, die Patienten, die leiden, sparen so lange, bis sie sich den Eingriff leisten können.
Welche schönheitsmedizinischen Eingriffe werden am meisten verpfuscht?
Lippen, obwohl manche Ärzte und Patienten oft glauben, dass diese am einfachsten zu verschönern sind. Nämlich dann, wenn mit bleibenden Materialien wie Silikon unterspritzt wurde. Und auch in der Brustchirurgie gibt es viel Pfusch, weil sie oft von Gynäkologen, Dermatologen oder sogar HNO-Ärzten gemacht wird. Das ist manchmal wirklich skandalös.
Wann wird es eine Fachausbildung für Schönheitschirurgie in Deutschland oder Österreich geben?
Das dauert noch eine Generation lang.
„Vier Brüste für ein Halleluja“ Thomas Paul Szymula von Richter, Schwarzkopf Schwarzkopf Verlag, 14,49 Euro.
25 Episoden aus dem Leben eines Schönheitschirurgen. Als Pionier der Minimalinvasiven Plastischen Mikrochirurgie sieht der Autor den OP-Pfusch mancher Kollegen sehr kritisch.
Selbst Fachärzte müssten sich weitgehend ihre schönheitschirurgischen Kenntnisse auf privater Ebene bei Kollegen erwerben. "Da ästhetische Eingriffe so gut wie nie von den Krankenkassen übernommen werden, werden sie auch nicht in öffentlichen Krankenhäusern, wo die Facharztausbildung stattfindet, durchgeführt", so Dado. Dieses Manko zeige sich vor allem in wenig standardisierten Techniken, wodurch das Risiko von chirurgischen Fehlern erhöht sei.
Nachbehandlung
Ganz ohne Skalpell kommt Petra Dado in ihrer Praxis in Baden aus. Sie spezialisierte sich auf Laserbehandlungen (Fraxel), Faltenunterspritzungen oder Radiofrequenz zur Fettreduktion. "Es gibt sehr viele Menschen, die keinesfalls eine Schönheits-OP machen würden, aber trotzdem ihr jugendliches Aussehen bewahren wollen." Dado ist überzeugt, dass Face-Liftings irgendwann der Vergangenheit angehören werden, "weil der Trend eindeutig dahin geht, dass die meisten bereits früh mit sanften Methoden wie Laser oder Botox beginnen, wodurch chirurgische Eingriffe nicht mehr so notwendig wären".
Wie zu Thomas Paul Szymula von Richter, kommen auch zu Petra Dado Patienten nach Operationen in die Ordination. "Das sind ungefähr 20 Prozent, weil ich mit dem Fraxler-Laser Narben sehr gut behandeln kann." Wahre Wunder würden sich manche Frauen und Männer von Ärzten erwarten, die aber nicht immer erfüllt werden können. Eine ehrliche und realistische Aufklärung sei, so Dado, daher das Wichtigste.
Die Freude, die Liebe zum Beruf und das Talent mache einen guten Arzt aus. Dado: "Große Ausnahmetalente wie Hildegunde Piza oder Hanno Millesi zeichnen sich vor allem dadurch aus, dass sie sich ausschließlich durch ihr fachliches Schaffen einen Namen gemacht haben." PR-Agenturen, Werbung oder geschmacklose Fernsehsendungen sagen nichts über die Qualität eines Schönheitschirurgen aus. Nur das Ergebnis und die Zufriedenheit des Patienten zählen.
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