Warum Lachen Doping für die Seele ist
Wenn Roman Szeliga auf der Bühne redet, lachen seine Zuschauer. Er ist aber kein Kabarettist. Szeliga erklärt ihnen, wie sie auf andere lustiger wirken. Er bringt aber niemandem Witze bei. Szeliga ist Arzt, Internist. Als "Botschafter des Humors" und Mitbegründer der CliniClowns zeigt er Menschen und Unternehmen, wie sie mehr Freude und Leichtigkeit in den Beruf und in ihr Privatleben bringen.
KURIER: Dr. Szeliga, ist Humor ein Allheilmittel?
Roman Szeliga: Dass Humor gesund ist, ist eine alte Weisheit und dass er das Immunsystem stärkt, ist nachgewiesen. Humorvolle Menschen haben auch Sorgen, aber sie können entscheiden, trotzdem gut drauf zu sein. Ich werden sehr oft gefragt, wie ich es schaffe immer so gut drauf zu sein. Weil ich es mir wert bin. Ich entscheide, ob es mir gut geht oder nicht. Es geht darum, das Leben wieder leichter zu nehmen. 95 Prozent aller Ängste, die wir haben, treten nicht ein. Das sind Leichtigkeitskiller. Es sind die kleinen Dinge, die uns aufregen – die rote Ampel, der Nachbar mit dem bellenden Hund.
Was macht Humor aus?
Wie wirkt lachen?
Lachen ist ein Lebenselixier. Stresshormone werden gesenkt, Glückshormone ausgeschüttet. In Unternehmen, die Humor leben, gibt es zehn Mal so viele kreative Ideen als woanders. Wenn im Krankenhaus Kinder lachen, nehmen sie die Therapie besser an und es geht den Ärzten und dem Umfeld besser. Lachen ist ansteckend. Es wirkt nach innen und außen. Das kann auch ein nettes Lächeln sein, ein nettes Wort. Jeder will mit fröhlichen Menschen zu tun haben. Mit Humor kann man der sein, der Freude zeigt. Das verbindet Kulturen und Generationen.
Kinder lachen 400 Mal am Tag, Erwachsene nur noch 40 Mal. Warum verlieren wir unseren Humor?
Lachen wird im Laufe des Lebens tabuisiert. Dabei ist Lachen Doping für die Seele. Wir hören im Laufe des Älterwerdens immer wieder Dinge wie "jetzt mach das nicht". Konzentrier dich jetzt. Zu Schulbeginn heißt es: Jetzt beginnt der Ernst des Lebens. Irgendwann bilden wir uns ein System und nehmen die Humorwelt anders wahr, Spaß darf erst nach der Arbeit stattfinden. Doch wir verbringen 78 Prozent unserer Zeit im Job. Statt des Spruches, erst die Arbeit, dann das Vergnügen, sollte es wie in meinem ersten Buch heißen: "Erst der Spaß, dann das Vergnügen". In den USA wird das Potenzial von Humor in Firmen längst genutzt.
Gibt es auch komplett humorlose Menschen?
Jeder war mal Kind und konnte lachen. Vieles fußt auf Erfahrungen. Es gibt aber Menschen, die wollen nicht lachen. Die wollen nur ein Minimum an Humor. Das muss man akzeptieren. Jeder hat das Potenzial und je nach Prägung entwickeln wir uns.
Kann man lernen, lustig zu sein?
Ich bringe den Menschen nicht die besten Witze bei, das ist nicht seriös. Es geht darum, für Überraschung zu sorgen und mit einem Lächeln zu sagen, dass man jemanden mag. Wir sind Weltmeister darin zu sagen, was nicht passt. Es ist immer das Kleine, was es ausmacht. Humor erfordert Mut. Wenn man positive Reaktionen bekommt und andere ansteckt. Das funktioniert auch beim Lachyoga – obwohl man nichts zu lachen hat, kippt man hinein. Menschen, die gezielt lachen, gehen mit viel mehr Energie in den Tag. Deshalb bin ich auch so gegen den Montagsfrust – Montage machen ein Siebentel unseres Lebens aus. Es geht darum, aus dem Montagsfrust, Montagslust zu machen. Wenn ich positiv und lächelnd auf andere zugehe, fällt es dem Gegenüber schwer, das abzulehnen. Humor macht verletzlich.
Wirkt trainiertes Lustigsein nicht aufgesetzt?
Es ist wichtig an der Authentizität zu arbeiten. Man merkt sehr wohl, wer trainiert ist. Wenn ich mit Leuten arbeite, schaue ich, was sie selbst lustig finden und setze dort an, um Strategien zu erarbeiten. Ich sehe mich auf keinen Fall als Witzecoach.
Ist Humor immer und überall angebracht?
Die Dosis macht es aus. Dort, wo es anfängt andere schlecht zu machen, bei Randgruppen, anderen Kulturen oder Religionen ist es für mich ein absolutes Tabu, sich lustig zu machen. Auch in hierarchischen Situationen ist es nicht okay. Miteinander zu lachen verbindet – über einander nein. Das Schlimmste für einen Menschen ist, ausgelacht zu werden. Bei Trauerfällen ist Humor hingegen wichtig – beim Leichenschmaus wollen wir uns an die positiven Momente erinnern.
Wie stehen Sie daher zu den Mohammed-Karikaturen?
Wenn es nur noch um das Provozieren geht, ist das eine gefährliche Gratwanderung. Wenn ich weiß, damit treffe ich eine Kultur oder Religion dahinter, dann geht es nicht mehr um Humor, sondern um Provokation.
Wir zahlen dafür, dass wir im Kabarett lachen – warum?
Im Kabarett bringt uns jemand zum Lachen, weil wir es selbst nicht mehr tun. Dort bezahlen wir dafür, dass wir über Dinge lachen, über die wir es im Alltag nicht schaffen zu lachen. Dabei leben wir in einer Zeit, die für Humor prädestiniert wäre. Sich selbst nicht mehr so wichtig nehmen, sich kleine Fehler erlauben, macht sympathisch. In Partnerschaftsbörsen ist der häufigste Suchbegriff nicht Geld oder Aussehen, sondern Humor. Ich habe gesehen, was bei den CliniClowns möglich ist und versuche das in den Businessalltag zu bringen. Humor hat etwas mit Charisma zu tun.
Buchtipp: Demnächst erscheint ein neues Buch von Roman Szeliga: "Frustschutzmittel – wie Sie es schaffen, alles halb so schlimm oder doppelt so gut zu finden", www.roman-szeliga.com
„Im Zirkus bekommt der Clown immer so viel Applaus, wenn er etwas kaputt macht – und ich nicht.“ Da hat Julia Hartmann schon als Kind beschlossen, dass sie eines Tages Clown werden will. Bevor sie sich diesen Traum erfüllt hat, wurde sie („den Eltern zuliebe“) Zollbeamtin. Sie heiratete, bekam zwei Töchter und pflegte nebenbei ihre schwer behinderten Schwiegereltern.
Als die ältere Tochter, Nicole, vier Jahre alt war, bekam sie die Diagnose Knochenkrebs. Nicole wurde ein Bein abgenommen. „Die ersten sieben Jahre waren ein einziger Kampf. In dieser Zeit ist der Clown in mir immer wieder zum Vorschein gekommen.“ Bis Hartmann ihren Traum wahr werden ließ. „Ich habe beschlossen, ich werde Clown. Ich gehe in die Kinderklinik, wo der Tod ein- und ausgeht und bringe Leben hinein.“
Das war vor 15 Jahren. Da gab es noch keine Cliniclowns. Als „Clown Julchen“ lernte sie Bauchreden, Zauberei, Ballonmodellieren und trat mit ihren „Zaubermäusen“, ihren Töchtern Nicole und Nadine auf. „Nicole hatte als Clown die Möglichkeit, außerhalb ihrer Krankheit zu leben. Da wurde sie als Mensch gesehen und nicht als Krebskranke mit einem Bein. Deshalb wollte sie Clown sein.“
Viele Herausforderungen
„Julchen und ihre Zaubermäuse“ traten auf Schulfesten auf, in Kinderkliniken und Krebs-Stationen, für jung und alt. „Es war eine große Verantwortung. Zu alltäglichen Problemen wie Zahnspangen und Pubertät kamen Herausforderungen wie der Rollstuhl und die Beinprothese von Nicole, ihr Rückfall und die Schwiegereltern gab es auch noch zu pflegen.“ Der Clown wurde zum Beruf für die gesamte Familie.
Auch jetzt, wo es Nicole nicht mehr gibt. Im Dezember 2012 verlor sie den Kampf gegen den Krebs. Julchen machte weiter. „In die gleiche Klinik reinzugehen, wo das Leben meiner Tochter geendet hat, übersteigt alles.“ Und das ohne Pause. „Die Ärzte haben mich angeschaut wie eine Außerirdische.“ Sie wurde oft gefragt, wie sie das schafft, andere Menschen aufzuheitern, wo sie selbst gerade eine Tochter verloren hat. „Wenn das Ihre Tochter gewesen wäre, hätten Sie Ihren Beruf an den Nagel gehängt?“
Für Julchen war der Wunsch, ihren Beruf weiterzumachen, immer ein Stück stärker als alles andere. „Man hat die Möglichkeit, in Trauer, Wut, Zorn und Hass stehenzubleiben. Ich habe die positive Seite gewählt, den Wunsch zu lachen und zu lieben. Jeder Mensch wünscht sich das Positive.
Ihr Glaube hat Julchen durch die schwere Zeit geholfen. „Wenn ich nicht jetzt glaube, wann dann.“
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