Wenn Oralsex krank macht

"Im Krisenjahr 2008 habe ich 40 Prozent meines Vermögens verloren." Den Kampfgeist dankt er wohl seinem Vater, Hollywood-Haudegen Kirk Douglas (bald 98).
HP-Viren. Sie lösen neben Gebärmutterhalskrebs immer öfter Tumore im Halsbereich aus.

Nicht Alkohol und Zigaretten waren für seinen Zungenwurzelkrebs verantwortlich. „Denn ohne zu speziell werden zu wollen, dieser bestimmte Krebs wird eigentlich von HP-Viren (Humane Papillomaviren, Anm.) verursacht, die beim Oralverkehr übertragen werden.“ Mit dieser Aussage überraschte Michael Douglas bei einem Interview mit der britischen Zeitung The Guardian und erntete dafür mildes Gelächter. Montagabend betonte sein Sprecher: „Er hat nie gesagt, dass Cunnilingus die Ursache für seinen Krebs war.“ Dennoch brachte der 68-Jährige ein ernstes Thema in die Medien.

Es ist bekannt, dass HP-Viren, die über Geschlechtsverkehr, eine Schmierinfektion oder auch über Körperkontakt übertragen werden, Krebs auslösen. In der Öffentlichkeit wird HPV meist nur mit Gebärmutterhalskrebs in Verbindung gebracht, doch die mehr als 100 Virusarten können auch Genitalwarzen, Krebs im Halsbereich (etwa Rachen-/Mandelkrebs, Zungenwurzelkrebs, Kehlkopfkrebs) oder im Enddarm auslösen.

Die Zahlen sprechen für sich: Einer US-Studie zufolge waren 1984 noch 16 Prozent der Tumore im Halsbereich HPV-assoziiert, bis 2004 stieg die Zahl auf 72 Prozent – und das, obwohl die Zahl der Raucher in den USA stark zurückgegangen ist. Auch Enddarmkrebs wird zu 80 Prozent von HPV ausgelöst. Die Hals-Nasen-Ohren-Spezialistin Univ.-Prof. Gabriela Kornek von der MedUni Wien sagt sogar: „Nächstes Jahr werden HPV-positive Krebserkrankungen im Halsbereich die Zahl der Fälle von Gebärmutterhalskrebs in den USA überholen.“

Kulturwandel

Zurückzuführen ist dieser Anstieg in erster Linie auf den Kulturwandel. Die Menschen haben mehr Sex mit mehr Menschen und probieren mehr Sexualpraktiken aus. „Folglich ist eine HPV-Infektion nicht selten und löst auch nicht zwangsläufig Krebs aus“, erklärt der Gynäkologe Univ.-Prof. Christian Marth von der MedUni Innsbruck: „70 Prozent der Frauen haben irgendwann im Laufe ihres Lebens HPV-Kontakt. Bei den meisten heilt die Infektion von selbst aus.“

Wenn sich daraus Tumore entwickeln – sei es am Gebärmutterhals, im Halsbereich oder im Enddarm –, spielen meist mehrere Lebensstilfaktoren wie etwa Rauchen oder Alkohol eine Rolle. „Die Wahrscheinlichkeit einer HPV-Infektion ist bei Rauchern um das Dreifache erhöht, bei mehr als zehn Sexualpartnern um das Siebenfache“, sagt Marth.

Das Risiko eines Tumors im Halsbereich ist für Männer jedoch deutlich höher. In Österreich kommen auf eine betroffene Frau drei Männer. Umgekehrt leiden Frauen häufiger an Enddarmkrebs.

Laut Kornek haben HPV-positive Patienten mit Krebs im Halsbereich immerhin deutlich bessere Heilungschancen als Patienten ohne HPV-Infektion. Douglas ist seit zwei Jahren symptomfrei.

Schutz

Kondome bieten übrigens keinen ausreichenden Schutz. Marth: „Wer sich schützen will, hat keinen vorehelichen Sex und ist treu – oder man lässt sich impfen.“ Die HPV-Impfung wird im Gegensatz zu vielen anderen Ländern in Österreich nicht öffentlich unterstützt. In Australien sind etwa Dank Impfprogrammen Genitalwarzen in der Altersgruppe der geimpften Mädchen verschwunden. Da man nach einer einmaligen Infektion nicht immun ist, ist die Impfung laut Marth bis zum Alter von 45 Jahren sinnvoll.

Bestimmten Patientinnen mit einer Brustkrebserkrankung, bei der bereits ein oder manchmal auch zwei Lymphknoten befallen sind, kann eine Chemotherapie nach der Operation erspar werden: Das hat jetzt eine große Studie mit der neuerlichen Analyse von Daten von 2485 Erkrankten mit einem Multi-Gen-Test (er untersucht 58 Gene) und einer daraus abgeleiteten Risikobestimmung gezeigt. Diese Studie von Wissenschaftlern des Comprehensive Cancer Center Vienna (CCC) von MedUni Wien und AKH Wien sowie der Austrian Breast & Colorectal Cancer Study Group (ABCSG) unter der Leitung von Univ.-Prof. Michael Gnant wurde jetzt beim amerikanischen Onkologenkongress ASCO in Chicago vorgestellt. Bei rund 30 Prozent dieser Patientinnen ist das 10-Jahres-Risiko für Metastasen so gering, dass bei ihnen in Zukunft auf die belastende Chemotherapie verzichtet werden könnte.

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