Google spielt Onkel Doktor

Der Internetriese forscht daran, Krankheiten wie Krebs und sogar das Altern aufzuhalten.

Eine Kontaktlinse, die über die Tränenflüssigkeit die Zuckerwerte von Diabetikern misst, ist das neueste und aufsehenerregendste Projekt aus dem geheimnisumwobenen Forschungslabor „Google X“. Aber noch lange nicht das weltbewegendste. In dieser Denkwerkstatt wird die Zukunft gestaltet. Hier will Google sogar Wege finden, das Altern aufzuhalten.

Google spielt Onkel Doktor
epa04025627 A handout image released by Google on 16 January, 2014 shows a smart contact lens built to measure the level of glucose in tears using a miniature glucose sensor and wireless chip embedded in the lens said Google located in Mountain View, California, USA, 16 January 2014. The lens is being studied as a way for people with diabetes to maintain continual monitoring of their blood sugar scores every minute. EPA/GOOGLE HANDOUT EDITORIAL USE ONLY/NO SALES
Doch schon die Kontaktlinse wirkt wie ein real gewordenes Hirngespinst aus einem Sci-Fi-Film. Bei dem Prototypen sind ein Sensor sowie ein Miniatur-Funkchip zwischen zwei Schichten eingebaut. Chip und Sensor sollen so winzig sein wie Glitzer-Partikel und die Antenne dünner als das menschliche Haar. Jede Sekunde werden die Glucose-Werte in der Tränenflüssigkeit gemessen – bei Schwankungen wird eine Warnung an die begleitende Smartphone-App gefunkt. In wenigen Jahren könnte die Kontaktlinse auf den Markt kommen.

Projekt Calico

Während Google dafür noch nach geeigneten Partnern sucht, tüfteln die Entwickler des X-Labors im kalifornischen Mountain View längst an anderen Zukunftsvisionen, die die Menschheit verändern. Erst im September kündigte Larry Page, Chef von Google X, das Projekt Calico an. Hier sucht man mithilfe von Algorithmen nach Lösungen für Krankheiten wie Krebs oder Alzheimer. Vergangenes Jahr hat Google für 3,9 Millionen Dollar das Unternehmen 23andMe übernommen. Für 99 Dollar kann hier jeder seine DNA analysieren lassen. Nach Kritik der US-Gesundheitsbehörde FDA wird die medizinische Auswertung, etwa ob ein erhöhtes Risiko für Erbkrankheiten besteht, allerdings vorerst nicht mehr angeboten. Der Anbieter hat inzwischen dennoch rund eine halbe Million Speichelproben gespeichert – ein Datenaustausch mit Calico wäre ein Horror für Datenschützer, aber ein Gewinn für Ray Kurzweil, dem technischen Mastermind bei Google.

Fettzellen abschalten

Der hat schon in den 80er-Jahren prophezeit, dass das Internet eine zentrale Aufgabe in unserem Leben bekommen wird. In einem Interview mit der britischenTimesgibt sich Kurzweil überzeugt, dass es möglich sein werde, bis zum Jahr 2020 Fettzellen abzuschalten. „Wir werden unser Gewicht unabhängig von unserem Essverhalten kontrollieren können.“
Den Tod will der 65-Jährige bis zum Jahr 2040 besiegt haben. Mit dem Ziel unsterblich zu werden, nimmt er angeblich täglich 150 Vitamine zu sich. Bei Calico arbeitet man daran, mithilfe von Nanotechnologie Computer zu entwickeln, die sich im Blutkreislauf bewegen und das Immunsystem unterstützen. „Wir können ein Immunsystem erreichen, das alle Krankheiten erkennt und ständig neu programmiert werden kann, um neue Angreifer zu besiegen.“

Kurzweils Visionen enden nicht bei der Unsterblichkeit: „Wir werden zu einem Punkt kommen, wo wir in einer Art Wolke ein Back-up unserer Gehirne erstellen können. Wir machen jetzt schon Back-ups von Telefonen und Computern, aber noch nicht von den wichtigsten Informationen, die wir haben – unseren Erinnerungen, Talenten, unserer Persönlichkeit.“

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