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Wie in ewigem Eis und Polarnacht ein Garten Eden entsteht
Frischen Salat ohne Tageslicht? Gurken ohne Erde? Ab Dezember testen Forscher, wie das geht. Fernziel: Selbstversorger-Mars-Missionen.
Der Mann ist mutig: Peter Zabel gibt unumwunden zu, nie einen grünen Daumen gehabt zu haben. Trotzdem wird er schon bald seine gärtnerischen Fähigkeiten unter besonders erschwerten Bedingungen unter Beweis stellen müssen. Der Maschinenbauingenieur vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) (Bild unten) wird ab Dezember in einem Container Obst und Gemüse züchten – in der Antarktis, wo Monate polare Nacht und Minustemperaturen herrschen.

Möglich machen soll das das EDEN-ISS-Gewächshaus. "Gurken, Radieschen, Paprika, Salate und Kräuter gedeihen bereits jetzt beim Testlauf in Bremen", sagt Projektleiter Daniel Schubert. Wenn der Container im Herbst in die Antarktis übersiedelt, soll dort schon bald das Grünzeug für die deutsche Polar-Station Neumayer III sprießen. Geht alles nach Plan, wird Neo-Landwirt Zabel 1,3 kg Salat, 1,1 kg Gurken und 250 g Spinat pro Woche ernten. Längerfristig soll erprobt werden, wie frische pflanzliche Nahrungsmittel auf der Raumstation ISS und später bei Missionen zu Mond und Mars kultiviert werden können, um endlich gefriergetrocknete Zimt-Apfel-Ecken, Gemüse-Fleischeintopf aus der Dose und Schoko-Vanille-Eis aus dem Sackerl in Weltraum-Rente schicken zu können.
Rückblick
Alles begann 2011 als das DLR anfing, darüber nachzudenken, unter welchen künstlichen Bedingungen Salate oder Gurken am besten gedeihen. Man richtete ein Labor ein, schickte Forscher Zabel auf die Wageningen-Universität in den Niederlanden, um die Kunst der Pflanzenzucht in Gewächshäusern zu erlernen und setzt ihn in den Alpen aus. Zweck: ein herausforderndes Überlebenstraining, schließlich muss sich nicht nur das Grünzeug, sondern auch Zabel ein Jahr lang im ewigen Eis behaupten.
Die Antarktis wird nun der Praxistest, ob die Pflanzenzucht in totaler Isolation gelingt. Die Forscher vom DLR haben alles dazu getan:


Wesentlicher Faktor für die Extrem-Gärtnerei ist die richtige Wasserversorgung. Dafür werden im Gewächshaus-Container große Wassertanks im Boden installiert. Befüllt mit geschmolzenem, gesiebtem und gereinigtem Wasser aus der vom Alfred Wegener Institut betriebenen Station Neumayer III, wird das Wasser den Pflanzen nicht direkt zuführt. Computergesteuert wird es mit einer speziellen Nährstofflösung aufgepeppt. Dann bekommt die Pflanze alle paar Minuten automatisch einen Wasser-Nährstoff-Sprühstoß, "sodass ich sie ganz ohne Erde kultivieren kann", sagt Zabel. Das Verfahren, genannt Aeroponik, spart den Transport großer Mengen Erde.
Auch die Luft im Gewächshaus muss den Bedürfnissen der Pflanzen angepasst werden. Darum reisen CO2-Flaschen mit in die Antarktis, um den Kohlenstoffdioxid-Gehalt in der Gewächshausluft anzureichern. "Entscheidend wird sein, die Luft frei von Keimen und Pilzsporen zu halten", sagt Projektleiter Schubert. Luftfilter sorgen dafür. Wie auf einer Raumstation hat das Gewächshaus einen geschlossenen Luftkreislauf, inklusive einer Schleuse, durch die Gärtner Zabel Tag für Tag das Gewächshaus betreten wird. Der geschlossene Kreislauf ermöglicht es, sämtliches Wasser, das die Pflanzen an die Luft abgeben, wieder aufzufangen und ihnen erneut zuzuführen. "Ich werde nur das Wasser, das ich mit den reifen Früchten ernte, aus dem Gewächshaus heraustragen. Der Rest wird wiederverwendet."
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