Erstmals Schweineleber erfolgreich in einen Menschen transplantiert

Symbolbild einer Operation.
Zusammenfassung
- Erstmals erfolgreich eine Schweineleber in einen hirntoten Menschen transplantiert. Sie war funktional und produzierte Galle.
- Xenotransplantation könnte Mangel an Spenderorganen lindern, jedoch bleiben genetische Anpassungen und Abstoßungsreaktionen Herausforderungen.
- Schweineleber als kurzfristige Überbrückungslösung bei Leberversagen, jedoch keine langfristige Lösung aufgrund unzureichender Funktion.
Chinesische Mediziner haben erstmals erfolgreich eine Schweineleber in einen hirntoten Menschen transplantiert. Das Organ zeigte bereits kurz nach der Transplantation funktionale Aktivität, unter anderem durch die Produktion von Galle. Während des zehn Tage dauernden Versuchs blieb die Leber funktionsfähig. Um Abstoßungsreaktionen zu vermeiden, wurde das Erbgut des Spenderschweins an sechs Stellen gezielt verändert.
Experten bewerten die Transplantation als bedeutenden Fortschritt in der Xenotransplantation, also der Übertragung tierischer Organe auf den Menschen. "Es ist eine Weltpremiere und ein großer Schritt für die Transplantationsmedizin", kommentierte der Chirurg Bruno Reichart, der an der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) in München an Xenotransplantation forscht und nicht an dem Eingriff beteiligt war. "Die Leber ist ein sehr kompliziertes Organ. Die von der Leber produzierten Eiweiße sind sehr spezifisch für Menschen." Die Forschung an Schweineorganen könnte langfristig helfen, den Mangel an Spenderorganen zu mildern.
Die Studie zeigte, dass die Schweineleber als kurzfristige Überbrückungslösung bei akutem Leberversagen dienen könnte. Sollte sich die menschliche Leber erholen oder ein passendes Spenderorgan gefunden werden, könnte die Schweineleber wieder entfernt werden. Wissenschaftler sehen darin eine vielversprechende Perspektive für die Zukunft der Transplantationsmedizin.
Dennoch bleiben Herausforderungen: Frühere Transplantationen von Schweineherzen und -nieren in Menschen waren nur bedingt erfolgreich.
Bisher sechs Schweineorgane weltweit transplantiert
Weltweit wurden bisher transplantiert:
- 2 Schweineherzen - beide Eingriffe erfolgten an der Uniklinik in Baltimore (USA). Beide Patienten sind einige Wochen nach der Operation verstorben. Mehr dazu hier...
- 4 Schweinenieren in Menschen transplantiert, ebenfalls in den USA. Zwei Patienten sind verstorben, zwei Patienten leben seither mit der Niere. Dutzende weitere Nierentransplantationen sind geplant. Mehr dazu hier...
Forscher arbeiten intensiv an genetischen Anpassungen, um die Verträglichkeit tierischer Organe weiter zu verbessern. Ziel ist es, Xenotransplantationen in den kommenden Jahren als medizinische Option weiterzuentwickeln. Bis zu einem regulären Einsatz dieser sogenannten Xenotransplantation sind jedoch noch einige Hürden zu überwinden.

Welche Schweineorgane sich für den Menschen eignen.
Der Versuch mit der Leber wurde gemäß den Wünschen der Familie des Hirntoten nach zehn Tagen beendet, wie die chinesische Nachrichtenagentur Xinhua kurz nach der Transplantation im Jahr 2024 schrieb. Bei einem Hirntoten ist das Gehirn unwiderruflich ausgefallen. Der Kreislauf kann jedoch durch künstliche Beatmung und Medikamente noch eine Zeit lang aufrechterhalten werden.
Transplantat soll kurzfristigen Leberausfall überbrücken
"Wir haben beobachtet, dass die Leber im menschlichen Körper gut funktionierte", sagte laut Xinhua damals einer der drei leitenden Mediziner, Hai-Long Don von der Fourth Military Medical University in Xi"an. Spätere Gewebeschnitte zeigten der Studie zufolge keine Anzeichen für eine Abstoßung der Leber. Allerdings gaben die Ärzte Medikamente, um diese zu unterdrücken. Angesichts des Mangels an Organspendern sollen Schweine in der Zukunft einmal als Organspender dienen, da ihr Stoffwechsel dem von Menschen ähnelt.
Das chinesische Team hatte bei dem Versuch die Leber des Hirntoten im Körper belassen. "Eine unterstützende Lebertransplantation ist eine ideale Überbrückungstherapie für Patienten mit Leberversagen", schreibt es. Die Schweineleber könne relativ einfach wieder entfernt werden, sobald die Funktion der ursprünglichen Leber wiederhergestellt oder ein menschliches Spenderorgan verfügbar sei.
"Bei akutem Leberversagen - etwa durch Vergiftungen - könnte eine Überbrückung von zwei Wochen schon helfen, weil die Leber sich dann erholen kann", sagte der Tiermediziner Eckhard Wolf, ebenfalls von der LMU. Wolf und sein Team haben bereits Schweine aus Neuseeland zur Herztransplantation genetisch verändert und gezüchtet. Sie wollen 2027 damit starten.
Forscher vermutet bald mehrere Hundert Transplantationen pro Jahr
Sowohl Wolf als auch die Forscher in China nutzen besonders kleine Schweinerassen. Bei herkömmlichen Schweinen wachsen die Organe laut Wolf im Menschen weiter und werden zu groß.
Er glaube, dass es bereits 2030 möglich sein werde, Hunderte Schweineorgane pro Jahr zu transplantierten, sagt Wolf. Schweine seien leicht zu züchten, es komme aber darauf an, wie die kommenden Versuche verlaufen.
Die Transplantation der Schweineleber in China lasse hingegen noch keine Schlüsse auf einen routinemäßigen Einsatz dieses Organs zu. "Versuche an Hirntoten haben dennoch eine hohe Relevanz", sagt Wolf. Sie könnten Erkenntnisse liefern, die in Tierversuchen nicht gewonnen werden könnten.
"Zukünftige Studien müssen zwischen einer Überbrückungstherapie und einer langfristigen Xenotransplantation unterscheiden", schreibt das chinesische Team. Die Schweineleber habe in der Studie zwar Galle und Schweinealbumin hergestellt, es sei jedoch unwahrscheinlich, dass die produzierten Mengen langfristig für einen Menschen ausreichen. Diese Form der Transplantation, so die Autoren, könnte eines Tages eher als Überbrückungstherapie bei vorübergehendem Leberversagen geeignet sein.
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