Unerwartet: Wurzelbehandlungen senken Blutzucker und Cholesterin
Viele Menschen haben Respekt vor einer Wurzelbehandlung.
Fällt beim Zahnarzt das Wort "Wurzelbehandlung", sind die wenigsten erfreut. Gedanken an Betäubungsspritzen, Bohrer und langes Ausharren am Behandlungsstuhl lösen unangenehme Gefühle aus.
Eine neue Studie rückt die Behandlung entzündeter Zahnnerven in ein positives Licht: Demnach könnte eine Wurzelbehandlung förderliche Prozesse im Körper anstoßen – und so etwa der Entstehung von Typ-2-Diabetes vorbeugen, heißt es im Journal of Translational Medicine.
Wurzelbehandlungen: Effekte auf Blutzucker und Cholesterin
Konkret konnte in einer Studie des britischen King‘s College London gezeigt werden, dass wurzelbehandelte Patientinnen und Patienten binnen zwei Jahren nach der Behandlung deutlich verringerte Blutzuckerspiegel aufweisen. Langfristig gilt ein erhöhter Blutzuckerspiegel als Risikofaktor für Typ-2-Diabetes, mit potenziell schädlichen Auswirkungen auf Blutgefäße, Leber, Herz und Augen.
Nicht nur auf den Blutzucker hatte die Wurzelbehandlung Effekte: Die untersuchten Patientinnen und Patienten hatten auch verbesserte Cholesterinwerte. Sie gelten als Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Herzinfarkt, Schlaganfall oder die periphere arterielle Verschlusskrankheit.
- Chronische Zahninfektionen bleiben oft unbehandelt. Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) leben weltweit 3,7 Milliarden Menschen mit unbehandelten Erkrankungen des Mundraumes.
- Offizielle Statistiken dazu, wie oft Wurzelbehandlungen pro Jahr in Österreich durchgeführt werden, gibt es nicht. Auf Websites von heimischen Zahnarztpraxen ist von mehreren Tausend Wurzelbehandlungen pro Jahr die Rede.
- Der Guardian zitiert dazu eine Gesundheitsumfrage aus dem Jahr 2024: Demnach hat in Großbritannien über ein Drittel der Erwachsenen bereits eine Wurzelbehandlung erhalten, wobei der Anteil bei den 55- bis 74-Jährigen auf 50 Prozent ansteigt.
"Unsere Mundgesundheit ist mit unserer allgemeinen Gesundheit verbunden", wird Sadia Niazi, Spezialistin für Endodontie (befasst sich mit der Behandlung des Zahninneren, Anm.) am King’s College London, im Guardian dazu zitiert. Niazi plädiert dafür, "unsere Zähne oder Zahnkrankheiten niemals als getrennte Einheit" zu betrachten.
Mit ihrem Team begleitete Niazi 65 Patientinnen und Patienten nach einer Wurzelbehandlung zwei Jahre lang. Vor dem Eingriff und zu vier späteren Zeitpunkten analysierte man Blutproben der Teilnehmerinnen und Teilnehmer. So konnte auch festgestellt werden, dass Marker für Entzündungen – ein Treiber für zahlreiche chronische Erkrankungen – nach dem zahnärztlichen Eingriff sanken.
Bakterien beseitigen
Denkbar ist, dass die gesundheitsfördernden Auswirkungen auf die Beseitigung der Entzündung zurückgehen. Langanhaltende Zahninfektionen können dazu führen, dass Bakterien in den Blutkreislauf gelangen. Sobald sie in der Blutbahn zirkulieren, können sie Entzündungen verstärken und beispielsweise die Fähigkeit des Körpers beeinträchtigen, den Blutzuckerspiegel zu kontrollieren.
"Es geht nicht nur darum, einen einzelnen Zahn zu behandeln. Es hat langfristige Vorteile für die allgemeine Gesundheit des Patienten – insbesondere für das Risiko chronischer Erkrankungen wie Herzkrankheiten und Diabetes", ist Niazi überzeugt. Sie rät im Sinne der allgemeinen Gesundheit zu regelmäßige Kontrolluntersuchungen beim Zahnarzt.
Kommentare