Was bringt die radikale Wurm- und Parasitenkur von Heidi Klum und Tom Kaulitz?

Heidi Klum und Ehemann Tom Kaulitz.
Das Ehepaar setzt über Monate auf Abführmittel und Kräuterpräparate, um Parasiten und Würmer loszuwerden. Der KURIER hat nachgefragt, wie sinnvoll die auch als „Parasite Cleanse“ bekannte Kur ist.

„Wir werden zum ersten Mal eine Wurm- und Parasiten-Entgiftung machen. Alles, was ich momentan in meinem Instagram-Feed sehe, handelt von Würmern und Parasiten. Also mache ich eine Wurm- und Parasitenreinigung mit meinem Mann“, sagte Supermodel Heidi Klum gegenüber dem Wall Street Journal. Gemeinsam mit Tom Kaulitz nimmt sie „über Monate“ Abführmittel, isst Papaya-Kerne und nimmt Kräuter-Präparate, die etwa Nelken enthalten. „Parasiten hassen Nelken. Sie hassen auch die Samen einer Papaya“, sagte die 52-jährige. Auf Instagram zeigte Klum, wie sie ein Getränk für die Kur anrührt. 

Tatsächlich ist auf Sozialen Netzwerken immer wieder vom sogenannten „Parasite Cleanse“ die Rede, eine Kur, um Parasiten und Würmer loszuwerden. Befürworter behaupten, dass Parasiten Auslöser von Beschwerden wie Durchfall, Völlegefühl und Blähungen seien und eine Reinigungskur dies beseitigen könne. Typischerweise werden pflanzliche Nahrungsergänzungsmittel eingesetzt, um den Körper zu „entgiften“, aber auch Abführmittel wie das sehr grauslich schmeckende Glaubersalz kommen zum Einsatz. Zusätzlich wird auf eine gesunde Ernährung mit natürlichen Lebensmitteln sowie auf den Verzicht auf fettige und hoch verarbeitete Lebensmittel gesetzt. Doch kann man damit wirklich Parasiten und Würmer behandeln?

Parasiten beim Menschen selten

„Dazu müsste man zuerst einmal tatsächlich Parasiten oder Würmer haben“, meint Julia Walochnik, Professorin für Molekulare Parasitologie an der MedUni Wien. „Die meisten Darmparasiten gibt es bei uns nicht mehr, auch der typische Urlauber bringt sie üblicherweise nicht mit. Sie kommen eher in Gegenden vor, wo es keine ordentliche Abwasseraufbereitung gibt, wo Fäkalien in Flüsse oder Seen gelangen und allgemein ein niedriger Hygienestandard herrscht“, sagt Walochnik. Auch Würmer bei Menschen sind hierzulande selten, immer wieder gibt es aber Fälle von Madenwürmern unter Kindern. Sie sind die häufigsten Parasiten beim Menschen. Zu verhindern ist die Übertragung kaum, da sie leicht von Kind zu Kind weitergegeben werden, zum Beispiel unter den Fingernägeln. Eine Infektion mit Madenwürmern macht sich durch ein Jucken am Po und manchmal Bauchschmerzen bemerkbar und kann gut behandelt werden.

Dazu müssen sie jedoch diagnostiziert werden. Eine Parasitenbehandlung ohne den Nachweis eines Parasiten mache keinen Sinn, betont Walochnik. „Etwas zu therapieren, das man gar nicht hat, ist nicht gut. Auch wenn es überwiegend pflanzliche Wirkstoffe sind, können solche Behandlungen Folgen für das Darmmikrobiom haben – es kommt immer auf die Dosis an“, so die Expertin. Selbstverordnete Radikalkuren könnten abhängig davon, was eingenommen wird, die Darmschleimhaut ruinieren. Greift man beispielsweise wöchentlich zu Glaubersalz, könne das dazu führen, dass sich die Darmschleimhaut löst. „Das ist gefährlich, da der Schleim eine wichtige Schutzfunktion hat und so Erreger eindringen können. Je älter man ist, desto schwerer baut sich die Schleimhaut wieder auf“, sagt Walochnik. Schädliche Nebenwirkungen können zudem etwa Vitamin- und Nährstoffmangel, Dehydration oder Nieren- und Leberprobleme sein. 

"Unwissenschaftlich und Humbug"

Immer wieder sei sie damit konfrontiert, dass „selbsternannte Gesundheitsexperten“ Parasitenbefall über Handauflegen, Auspendeln oder mit Elektrosensoren „feststellen“. Walochnik: „Das ist unwissenschaftlich und Humbug. Es werden viele sinnlose Medikamente eingesetzt und Leuten falsche Hoffnungen gemacht. Sollte jemand tatsächlich Symptome haben, kann eine selbstverordnete oder durch selbsternannte Heiler verordnete Kur die tatsächliche Diagnose verzögern.“

Die Symptome hängen von der Art des Parasiten und dem betroffenen Organ ab und reichen von Verdauungsbeschwerden über Hautausschläge bis hin zu schweren Organschäden. Diese Symptome sind jedoch sehr unspezifisch und können auch auf andere Ursachen hinweisen, weshalb es eine Abklärung durch einen Arzt braucht. Die Behandlung erfolgt meist mit speziellen Medikamenten, sogenannten Antiparasitika. Sie können Parasiten oder ihre Eier abtöten und ihr Wachstum stoppen. „Die Parasiten, die wir beim Menschen kennen, können fast ausnahmslos wirksam behandelt werden“, so Walochnik. Besonders wichtig ist Vorbeugung: Dazu zählen etwa gute Hygiene, sauberes Trinkwasser, Schutz vor Insektenstichen und sorgfältige Lebensmittelzubereitung.

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