Wie groß das Delta-Ansteckungsrisiko im Freien wirklich ist

Wie groß das Delta-Ansteckungsrisiko im Freien wirklich ist
Auch nach Fußball-EM und Festivals sind Corona-Infektionen in hoher Zahl beobachtet worden. Wie Fachleute die Wahrscheinlichkeit, sich im Freien anzustecken, einordnen.

Wieder mit vielen Freunden im Park sitzen, die Großfamilie an Geburtstagen treffen oder im Grünen mit Kollegen Sport betreiben: Draußen und im Sommer kann man sich kaum mit Corona anstecken, lautet ein verbreiteter Mythos. Die Maske oder der Abstand geraten da manchmal in Vergessenheit. Doch das kann sich rächen: Mit der mittlerweile vorherrschenden Delta-Variante könnte es je nach Situation eher passieren, dass das Virus auch im Freien überspringt. „Delta ist generell ansteckender - das gilt auch, wenn man an der frischen Luft ist“, erinnert der Präsident der Gesellschaft für Virologie, Ralf Bartenschlager, der Deutschen Presse-Agentur.

Keine pauschalen Antworten

„Man konnte sich zwar auch mit früheren Varianten schon im Freien anstecken, allerdings steigt mit Delta die Wahrscheinlichkeit, dass es passiert“, erklärte der Experte der Universität Heidelberg. Delta-Infizierte hätten im Vergleich zur Vorgängervariante Alpha (B.1.1.7) eine vermutlich um den Faktor fünf erhöhte Viruslast. „Je mehr Virus bei einem Infizierten vorhanden ist, desto größer das Übertragungsrisiko, auch im Freien.“ Ob es zu einer Ansteckung komme, hänge aber immer auch von vielen weiteren Faktoren ab - draußen zum Beispiel, wie eng man zusammensteht. „Es lässt sich nicht pauschal sagen, wie schnell eine Infektion geschehen kann - das kann vielleicht eine Minute dauern oder auch eine Stunde.“

Der US-Epidemiologe Eric Feigl-Ding zeigte sich bei Twitter kürzlich besorgt über die seiner Meinung nach vielen Hinweise auf Übertragungen im Freien. Er verwies auch auf die mutmaßlichen Ansteckungen in Indien bei religiösen Veranstaltungen, die größtenteils im Freien stattgefunden hätten. Er warnt zudem schon länger davor, dass Delta bei flüchtigen Begegnungen übertragen werden könne.

  • Das Robert Koch-Institut (RKI) teilte auf Anfrage mit, keine geänderte Einschätzung zu haben: Auf der Webseite des Instituts heißt es, Übertragungen kämen im Außenbereich insgesamt selten vor und hätten einen geringen Anteil am gesamten Geschehen. Werde der Mindestabstand gewahrt, sei die Wahrscheinlichkeit der Übertragung im Außenbereich wegen der Luftbewegung „sehr gering“. Das Einhalten von mindestens anderthalb Meter Abstand und das Vermeiden größerer Menschenansammlungen empfiehlt das RKI aber auch im Freien, damit man weniger Tröpfchen und Aerosole direkt abbekommt.
  • Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hatte kürzlich auch auf eine Studie aus China hingewiesen, die die Gefährlichkeit von Delta untermauere: Dort wurden Menschen untersucht, die nach Kontakt mit einem Delta-Infizierten in Quarantäne waren. Der PCR-Test sei bei ihnen schon nach durchschnittlich vier statt wie bei frühen Varianten nach sechs Tagen positiv gewesen. Außerdem sei die Viruslast beim ersten Positiv-Test 1.200 mal höher gewesen verglichen mit ursprünglichen Varianten. „Das legt nahe, dass diese besorgniserregende Variante sich möglicherweise schneller vermehrt und in den frühen Stadien der Infektion ansteckender ist“, so die WHO.

 

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