Superallergen: Warum Ragweed-Pollen Allergikern so stark zu schaffen machen

Eine Frau schnäuzt sich hinter blühendem Ragweed.
Die krautige Pflanze steht aktuell in voller Blüte. Für Allergikerinnen und Allergiker ist das gar nicht prächtig. In den kommenden Tagen dürfte es aber ein Aufatmen geben.

Optisch wirkt die Ragweed-Pflanze eigentlich eher unscheinbar: Ihre farnartigen Blätter sind mattgrün, während der Blütezeit bildet sie viele kleine, grünlich-gelbe, traubenförmig angeordnete Blütenstände aus.

Allergie-Unkraut Ragweed

Berüchtigt ist das Kraut wegen seines Allergiepotenzials. Die männlichen Blüten sitzen oben am Blütenstand und produzieren große Mengen an feinem Pollen, der vom Wind mitunter über weite Strecken verweht werden kann. "Ragweed-Pollen sind tatsächlich hochallergen", bestätigt Katharina Bastl vom Pollenservice Wien der MedUni Wien. Die Gründe dafür sind noch Gegenstand der Forschung: "Eine Theorie ist, dass es an der durchlässigeren Pollenkornwand liegen könnte, die den Austritt des Allergens erleichtert."

Neue Behandlungsoption

Schon geringe Pollenkonzentrationen reichen aus, um Symptome auszulösen. "Klassisch sind Heuschnupfen-Beschwerden wie Tränenfluss, Augenjucken- und rötung, Niesen, eine verstopfte Nase oder auch Nasenfließen sowie Lungensymptome wie Husten oder ein Engegefühl in der Brust." Ragweed-Pollen lösen im Vergleich zu anderen Pollenallergenen auch doppelt so oft allergisches Asthma aus.

Seit einigen Jahren ist eine Therapie für Menschen mit Ragweedpollen-Allergie in Österreich verfügbar. Die neue Behandlungsoption ist eine Allergie-Impfung in Tablettenform, die das Immunsystem trainiert, sich wieder an den Allergieauslöser zu gewöhnen.

Klimawandel treibt Verbreitung an

Ursprünglich kommt das Kraut aus Nordamerika. "Das erkennt man ganz gut daran, dass sich bei uns der englische Name eingebürgert hat", sagt Bastl. Die lateinische Fachbezeichnung der Pflanze ist Ambrosia, gängig sind auch Bezeichnungen wie Trauben- oder Fetzenkraut. "Letzteres spielt auf die stark gefiederte Blattform an", erklärt Bastl.

In den USA und Kanada ist Ragweed schon seit vielen Jahrzehnten ein bekanntes Allergen. "Bei uns ist es erst seit diesem Jahrtausend ein größeres Thema", weiß die Expertin. Zunächst breitete sich die invasive Art lediglich im Osten aus. Inzwischen findet man Ragweed-Pflanzen auch im Süden und Nordwesten des Landes. Einzelne Hotspots gibt es auch in Tirol, dort fühl es sich klimatisch noch nicht ganz so wohl.

Fachleute rechnen damit, dass Ragweed weiterhin vom Klimawandel profitieren und an immer mehr Orten in Österreich gute Wachstumsbedingungen vorfinden wird. "Es gibt Berechnungen, wonach bis 2050 mit einer Verdoppelung der Ragweed-Allergiker zu rechnen ist", präzisiert Bastl. Wobei es kaum aktuelle Studien dazu gibt, wie viele Menschen hierzulande von einer Allergie betroffen sind. "Die letzte stammt aus dem Jahr 2009 aus dem Floridsdorfer Allergiezentrum. Dort hatten elf Prozent der Patientinnen und Patienten eine derartige Allergie."

Zerstörerische Kraft

Platz eins unter den allergieauslösenden Pollen gehört nach wie vor unangefochten den Gräsern, gefolgt von Birke und Beifuß. Pollen-Expertin Bastl: "Allerdings gehört der Beifuß wie das Ragweed zur Familie der Korbblütler. Die beiden Gewächse sind stark kreuzreaktiv, was bedeutet, dass man, wenn man auf Ragweed reagiert, mit hoher Wahrscheinlichkeit auch auf Beifuß allergisch ist – und umgekehrt." Die Beifußblüte beginnt im Juli und geht nahtlos in die Ragweed-Allergie-Saison über. "Das ist eine ungute Kombination für betroffene Allergiker, die quasi durchgehend Symptome spüren."

Ragweed macht nicht nur den Atemwegen von Allergikern zu schaffen. Es setzt auch der Landwirtschaft und Straßeninfrastruktur zu, sagt Bastl. "Ragweed breitet sich entlang von Verkehrsrouten aus, an Weg- und Feldrändern, Bahngleisen, Autobahnen und auf Baustellen. Die Samen haften etwa im Profil von Autoreifen, Baustellengeräten oder landwirtschaftlichen Maschinen und können so weiterverbreitet werden."

In der Landwirtschaft kann ein starkes Vorkommen zu Ernteeinbußen führen, vor allem bei Soja- und Kürbispflanzen. "Ragweed verdrängt die Pflanzen und ist robust gegenüber vielen Pestiziden", sagt Bastl. Das effektivste Mittel gegen die Pflanze ist das Ausreißen mit der Hand oder ein mehrfaches Abmähen. "Am besten vor der Blüte."

Ragweed-Belastungen können bis in den Herbst hineindauern. "Derzeit befinden wir uns mitten in der Saisonspitze, wobei ab Freitag Erleichterung angesagt sein könnte", erläutert Bastl. Dann dreht nämlich der Wind, der bis dahin Pollen aus den südöstlichen Nachbarländern nach Österreich getragen hat – und es werden auch Niederschläge erwartet. 

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