Weltpremiere: Erstmals vier Männern ein Verhütungsgel injiziert
Wissenschaftler sprechen bereits von einem potenziellen "Gamechanger", was das Thema Verhütung betrifft - vorausgesetzt, die Methode funktioniert. Auf dem Weg zu einem neuen Verhütungsmittel für Männer ist jetzt jedenfalls ein großer Sprung nach vorne gelungen: In einem australischen Spital ist jetzt - weltweit erstmals - Männern im Rahmen einer klinischen Studie ein Verhütungsgel in die Samenleiter injiziert worden.
Laut den Experten sei das wie eine Art "temporäre Vasektomie". Bei der Vasektomie (Sterilisation des Mannes) werden die Samenleiter an zwei Stellen durchtrennt und das dazwischen liegende Teilstück wird entfernt - der Weg für die Spermien ist damit blockiert. Denselben Effekt hat das Hydrogel: Es blockiert den Spermientransport, aber nicht auf Dauer, sondern nur vorübergehend: Nach zirka zwei Jahren hat sich das Gel aufgelöst, die Prozedur kann dann auf Wunsch wiederholt werden.
Im Rahmen der sogenannten "Adam Studie" sollen 25 Männer im Epworth Freemasons Hospital in Melbourne das Hydrogel erhalten. Sie werden regelmäßg Gesundheitschecks unterzogen und müssen auch über den gesamten Studienzeitraum immer wieder Proben ihres Ejakulats untersuchen lassen.
"In der drei Jahre andauernden Studie werden wir untersuchen, ob sich das Hydrogel als zeitlich befristete, aber dauerhafte männliche Verhütungsmethode bewährt", wird Studienleiter Nathan Lawrentschuk, ein Urologe von Epworth Freemasons, in einer Aussendung zitiert.
Sollte sich das Hydrogel als - in jeder Hinsicht - sicher erweisen, könnte es ein Gamechanger sein und dazu führen, dass die Verhütung zur geteilten Verantwortung bei Paaren wird.
Entwickelt wurde das Hydrogel von der US-Firma Contraline. Und so funktioniert es im Detail:
- Die Injektion des Hydrogels in die Samenleiter kann ambulant in einem Spital oder medizinischen Zentrum durchgeführt werden, es ist keine stationäre Aufnahme in eine Klinik notwendig. Ein Lokalanästhetikum ermöglicht eine schmerzfreie Behandlung. Die gesamte Prozedur dauert maximal 30 Minuten.
- Die Samenflüssigkeit wird durchgelassen, die Ejakulation ist nicht beeinträchtigt. Auch auf die Gefühlsempfindung soll es keine Auswirkungen geben.
- Die blockierten Spermien selbst werden vom Körper auf natürliche Weise abgebaut abgebaut und absorbiert.
"Alles, was wir machen, ist, ein wenig Gel in den Samenleitern zu platzieren", erklärt Lawrentschuk. Laut dem australischen Urologen gebe es nichts Vergleichbares weltweit. "Die Pille für den Mann hat bisher jedenfalls nicht abgehoben."
In der Studie muss auch bewiesen werden, dass die Blockade durch das Gel tatsächlich reversibel, also umkehrbar, ist. "Je länger es her ist, dass ein Mann eine Vasektomie hat durchführen lassen, umso geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie vollständig reversibel ist", sagt Reproduktionsmedizinerin Liza O´Donnell vom Hudson Institute of Medical Research. "Angenommen, das Gel wirkt wie eine nur zweijährige Vasektomie, wenn man so sagen will, dann wäre das viel besser." Durch die Wirkungsdauer von nur zwei Jahren sei auch die Wahrscheinlichkeit größer, dass der ursprüngliche Zustand wiederhergestellt wird.
Dass es bisher keine Pille für den Mann gebe, hänge damit zusammen, dass es keine ausreichende Finanzierung durch die Pharmaindustrie gebe. "Das ist frustrierend für uns alle, die auf dem Gebiet tätig sind." Dem Hydrogel gibt sie aber mehr Erfolgschancen für ausreichende finanzielle Mittel bis zur Zulassung, weil dieses nicht in den männlichen Hormonhaushalt eingreift.
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