Vogelgrippe in Österreich: Wie sicher ist Geflügelfleisch?
Gewerbliche und private Geflügelhalter müssen besonders vorsichtig sein.
Nach einzelnen Vogelgrippe-Fällen in Kärnten, Nieder- und Oberösterreich gilt Österreich seit Montag laut Gesundheitsministerium als Gebiet mit „erhöhtem Risiko“. Diese Maßnahme soll den Kontakt zwischen Wildvögeln und Hausgeflügel verhindern und damit eine Übertragung der Vogelgrippe unwahrscheinlich machen. Eine Stallpflicht für Hausgeflügel gibt es derzeit zwar nicht, allerdings strengere Hygienemaßnahmen. Hühnerhalter – egal, ob privat oder gewerblich – müssen dafür sorgen, dass ihre Tiere vor dem Kontakt mit Wildvögeln „bestmöglich“ geschützt werden, etwa mit Netzen. Eine Stallpflicht besteht derzeit nicht.
„Das Ziel ist, dass das Vogelgrippevirus nicht in heimische Geflügelbestände eingeschleppt wird. Das Virus hat für Geflügel katastrophale Folgen, denn praktisch 100 Prozent der infizierten Tiere erkranken und bis zu 90 Prozent sterben. Zudem sehen behördliche Maßnahmen vor, dass bei einem infizierten Tier der gesamte Bestand gekeult werden muss – das ist das schlimmste Szenario für jeden Geflügelbetrieb“, sagt Virologe Norbert Nowotny von der Veterinärmedizinischen Universität Wien.
Wildvögel übertragen das Virus entlang ihrer Zugrouten
„Massive Ausbrüche“, vor allem des Stammes H5N1, im Nachbarland Deutschland, nicht nur bei Wildvögeln, sondern auch bei Hausgeflügelbeständen, sorgen auch in Österreich für erhöhte Wachsamkeit, betont Nowotny. Zwischen Anfang September und Ende Oktober wurden rund 50 Ausbrüche der Vogelgrippe in deutschen Geflügelbetrieben gemeldet. Innerhalb nur einer Woche habe sich diese Zahl nahezu verdoppelt, wie deutsche Behörden mitteilten. Um eine weitere Verbreitung des Virus zu verhindern, wurden vorsorglich mehr als 500.000 Hühner, Enten, Gänse und Puten getötet und entsorgt. Besonders stark betroffen sind derzeit die Bundesländer Niedersachsen, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein.
Auch in anderen europäischen Ländern breitet sich die Vogelgrippe derzeit aus. „Auf der Europakarte ist anhand der Fälle bei Wildvögeln eindrücklich quasi der Herbstvogelzug Richtung Südwesten abzulesen“, sagte etwa Christa Kühn, Präsidentin des Friedlich-Loeffler-Instituts, das in Deutschland für die Überwachung der Vogelgrippe zuständig ist.
"Lage in Deutschland ist wirklich sehr schlimm"
Nowotny: „Die Lage in Deutschland ist wirklich sehr schlimm. Auch Österreich ist nicht vor Ausbrüchen gefeit. Solange das Virus auf wildlebende Wasservögel beschränkt bleibt, ist es aber nicht so tragisch. Wer beim Spazierengehen tote Wasser- oder Greifvögel findet, sollte ihn allerdings nicht anfassen, sondern die zuständige Bezirksveterinärbehörde informieren und den genauen Fundort bekanntgeben, damit er untersucht werden kann.“
Eine Übertragung der Vogelgrippe auf den Menschen ist möglich, allerdings nur nach intensivem, direktem Kontakt mit einem infizierten Tier. „Die derzeit kursierenden Stämme sind für den Menschen nicht tödlich. Bei einer Infektion kommt es zu grippeähnlichen Symptomen und Bindehautentzündungen. In der Vergangenheit gab es Stämme, die zu tödlichen Verläufen beim Menschen führten, dies ist derzeit aber nicht der Fall“, berichtet Nowotny. H5N1 ist laut der europäischen Gesundheitsbehörde ECDC zwar für Vögel hochansteckend und gefährlich, an den Menschen aber schlecht angepasst. Eine Übertragung auf einen Menschen wurde in Österreich bisher nicht bestätigt. Der Einsatz des Grippemedikaments Tamiflu, das die Vermehrung von Influenza-A-Viren im Körper hemmt, sei momentan nicht erforderlich.
Ausbreitung
Seit 2004 gab es immer wieder größere Ausbrüche der Vogelgrippe, die bereits 1959 in milderer Form und lokal begrenzt in Geflügelhaltungen auffiel. Vor allem Geflügeltransporte und Zugvögel verbreiteten das Virus weltweit.
HN
Influenza-A-Viren unterscheiden sich in ihrer Oberflächenstruktur. H und N stehen für zwei Proteinarten, aus denen sich zahlreiche Kombinationen wie H5N1 ergeben.
Pandemie
Gefürchtet wird eine genetische Mischung menschlicher Grippeviren mit Vogelgrippeviren. Darauf wäre das menschliche Immunsystem nicht vorbereitet – eine Pandemie damit also möglich.
Sind Geflügelfleisch und Eier sicher?
Während kommerzielle Betriebe ohnehin Biosicherheitsvorschriften hätten und großes Interesse daran haben, ihr Geflügel zu schützen, müssten vor allem auch Hobbyhühnerhalter besonders aufpassen, dass ihre Tiere nicht mit Wildvögeln in Kontakt kommen. Die Übertragung erfolgt über Kot, Speichel und Tränenflüssigkeit infizierter Tiere. Bei starker Staubentwicklung ist eine Übertragung des Virus auch über aufgewirbelte Staubpartikel möglich. Zudem kann es durch Schmierinfektion nach Kontakt mit infizierten Tieren, Tierkadavern oder kontaminierten Tierprodukten übertragen werden. Stirbt ein Tier aus privater Haltung oder zeigt Krankheitssymptome, sollte es ebenfalls gemeldet und untersucht werden – auch zur eigenen Sicherheit.
Hinsichtlich Geflügelfleisch gibt Nowotny Entwarnung. Eine Übertragung über Fleisch oder Eier aus dem Supermarkt sei nicht möglich. Dies gelte auch für Gänse in der anlaufenden Martinigansl-Zeit. „In einem Geflügelbestand sieht man sofort, wenn es infizierte Tiere gibt, sodass sie oder ihre Eier nicht in den Handel kommen. Auch die AGES untersucht regelmäßig Stichproben, sodass man eine Übertragung von Fleisch oder Eiern zu 100 Prozent ausschließen kann.“ Erkrankte Tiere sind matt und atmen schwer. Zudem zeigen sich Schwellungen und Blutungen, es kommt zu Fieber und Durchfall bei den Tieren. Beobachtet man derartige Zeichen sollte, wie auch beim Auffinden eines toten Wildvogels, ein Amtstierarzt hinzugezogen werden.
Aktuell ist in der EU ein Impfstoff gegen Vogelgrippe zugelassen, der jedoch auf einem älteren Virusstamm beruht. Mehrere Pharmakonzerne haben angekündigt, vorsorglich neue Impfstoffe zu entwickeln oder zu testen, die besser an den derzeit zirkulierenden Virusstamm angepasst sind und bei Bedarf produziert werden könnten. Laut Virologe Nowotny besteht derzeit jedoch keine Notwendigkeit für eine Impfung. Tierschutzorganisationen setzen sich aber für Impfprogramme für Geflügel ein. In mehreren europäischen Ländern, darunter Frankreich, Niederlande und Italien, werden derartige Programme derzeit getestet. Tierschutz Austria fordert, dass auch Österreich präventive Impfungen bei Tieren durchführt, um vorsorgliches Keulen gesunder Tiere zu verhindern.
Kommentare