Vierte Covid-Impfung: Kann sie auch das Infektionsrisiko senken?
Coronavirus-Impfstoffe schützen sehr gut vor schweren Krankheitsverläufen, aber - je länger sie zurückliegen - weniger gut vor Infektionen mit dem Coronavirus: Das zeigen Studien, aber auch die alltäglichen Erfahrungen vieler Geimpfter und Infizierter. Eine neue Studie aus Israel kam jetzt zu dem Ergebnis, dass der vierte Stich - zumindest in den ersten Wochen nach seiner Verabreichung - auch das Infektionsrisiko deutlich reduziert.
Die Vorgeschichte: Israel war das erste Land der Welt, das im August 2021 mit der dritten Impfung für die gesamte erwachsene Bevölkerung begann. Bis September 2021 erhielten 90 Prozent der Erwachsenen - bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Gesundheitswesen waren es sogar 95 Prozent - die dritte Impfung mit dem Pfizer-Präparat Comirnaty. Die Folge: Ein deutlicher Rückgang an Durchbruchsinfektionen, schweren Erkrankungen und auch Todesfällen durch Covid-19 in der Delta-Welle.
Doch dann kam im Dezember 2021 die Omikron-Welle, und die Häufigkeit von Durchbruchsinfektionen in der dreifach geimpften Bevölkerung stieg wieder an - die dritte Impfung lag bei vielen zu diesem Zeitpunkt bereits ein knappes halbes Jahr zurück. Das israelische Gesundheitsministerium empfahl daraufhin allen über 60-Jährigen, allen mit einem geschwächten Immunsystem und allen Beschäftigten im Gesundheitssystem die vierte Impfung.
Von knapp 30.000 Angestellten im israelischen Gesundheitssystem ließen sich im Jänner 2022 rund 18 Prozent (5.331) ein viertes Mal impfen. Der Prozentsatz war deshalb so gering, weil damals viele Ärzte und Pflegekräfte der Meinung waren, die vierte Impfung werde keinen großen Unterschied mehr ausmachen, was den Schutz vor einer Infektion und schweren Verläufen betrifft. Tatsächlich kam es aber anders.
Für die Studie, die im Fachjournal Jama erschienen ist, wurden dann die Durchbruchsinfektionen bei den vierfach Geimpften mit jenen der dreifach Geimpften verglichen.
Und die Ergebnisse waren deutlich:
- 7 Prozent der vierfach Geimpften steckten sich im Studienzeitraum mit der Omikron-Subvariante des neuen Coronavirus an.
- 20 Prozent der dreifach Geimpften hatten eine Durchbruchsinfektion im Beobachtungszeitraum.
Das Ansteckungsrisiko konnte also um rund zwei Drittel gesenkt werden. Auch wenn dieser Effekt laut den Studienautoren geringer ist als nach der dritten Impfung, sollte bei Gesundheitspersonal die vierte Impfung als effektive Methode in Betracht gezogen werden, um die Infektionsraten zu senken, kritische Personalengpässe in Spitälern und Pflegeeinrichtungen zu vermeiden und die Funktion des Gesundheitssystems aufrecht zu halten.
In Österreich wird Gesundheitspersonal die vierte Impfung derzeit noch nicht allgemein empfohlen: "Eine Auffrischungsimpfung (4. Impfung) wird daher für gesunde, immunkompetente Personen dieser Altersgruppe derzeit nicht allgemein empfohlen, auch nicht für immunkompetentes Gesundheitspersonal, zumal diese Personengruppe – sofern 3x geimpft - nicht zu schweren Verlaufsformen mit stationären Aufenthalten tendiert", heißt es in den Anwendungsempfehlungen des Nationalen Impfgremiums (NIG).
Vierte Impfung senkt Sterberisiko bei über 50-Jährigen
Mehrere Studien haben bereits belegt, dass die vierte Impfung bei älteren Menschen das Sterberisiko an Covid-19 nochmals deutlich senken kann - auch im Vergleich zu drei Impfungen.
Der größte Schutzeffekt ergibt sich im Vergleich zwischen Ungeimpften und dreifach Geimpften, wie Daten der US-Gesundheitsbehörde CDC von Mai aufzeigen. Die Angaben betreffen die Altersgruppe ab 50 Jahren:
- Um das 29-Fache erhöht war das Risiko an Covid-19 zu sterben bei Ungeimpften im Vergleich zu vierfach (oder noch öfter) Geimpften.
- Um das 4-Fache erhöht war das Risiko an Covid-19 zu sterben bei dreifach Geimpften im Vergleich zu vierfach (oder noch öfter) Geimpften.
Die Gecko-Kommission hat in ihrem jüngsten Bericht darauf hingewiesen, dass bisherige Daten darauf hindeuten, dass bei den derzeit vorherrschenden Omikron-Subvarianten BA.4/BA.5 die Impfimmunität rascher schwindet als bei früheren Omikron-Subvarianten. Gleichzeitig werde durch die vierte Impfung das Schutzniveau wieder angehoben. Fazit für die Gecko-Kommission: Die vierte Impfung müsse unmittelbar und mit Nachdruck für die ältere Bevölkerung empfohlen werden. "Die USA-Daten zeigen auch, dass vielleicht unser derzeitiges Alterslimit von 65+ bei gesunden Immunkompetenten für die Empfehlung zur vierten Impfung zu hoch angesetzt ist und Österreich die vierte Impfung schon bei etwas jüngeren Personen forcieren sollte, wie es auch ein Statement der EU kürzlich angeregt hat (Alterslimit ab 60)", heißt es in dem Bericht.
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