Vasektomie: Wie sie sich auf das Sexleben des Mannes auswirkt

Es ist ein kleiner Eingriff für einen Mann, aber trotzdem schrecken viele davor zurück: Die Durchtrennung der Samenleiter, damit die Spermien nicht mehr vom Hoden in die Samenflüssigkeit gelangen. Der häufigste Grund, warum Männer den Eingriff ablehnen, ist – abgesehen von seiner Dauerhaftigkeit – die Angst vor einer Einschränkung der sexuellen Funktion. Doch neue Daten zeigen: Diese Sorge ist unbegründet. Die wichtigsten Fragen und Antworten.
Wie beeinflusst eine Vasektomie das Sexleben?
"Eine vorangegangene Vasektomie ist nicht mit einem erhöhten Risiko für sexuelle Funktionsstörungen verbunden“, schreiben Münchner Urologen im Fachjournal Andrology. Sie haben eine Studie mit mehr als 5.000 deutschen Männern mit und ohne Vasektomie durchgeführt. „Ganz im Gegenteil: Vasektomierte Männer mittleren Alters sind sexuell aktiver und zufriedener als gleichaltrige Männer ohne Vasektomie“, so das Resümee der Experten.

Priv..-Doz. DDr. Mehmet Özsoy ist Präsident des Berufsverbandes der Österreichischen Urologen.
„Das entspricht auch meiner Erfahrung“, sagt der Wiener Urologe Mehmet Özsoy, Präsident des Berufsverbands der Österr. Urologen. „Es fällt die ständige Sorge weg, nach abgeschlossener Familienplanung ein weiteres Kind zu bekommen – das nimmt Druck.“ Die Potenz und die sexuelle Lust bleiben unverändert, ebenso die Hormonproduktion in den Hoden. Und auch das Aussehen und die Menge der Samenflüssigkeit ändern sich nicht, da die Spermien nur ein bis zwei Prozent des Ejakulats ausmachen.
Wie wird eine Vasektomie heute durchgeführt?
Die modernste Methode ist die Non-Scalpel-Vasektomie. Es wird kein Messer verwendet, um die Haut des Hodensacks zu öffnen, sondern die Haut wird lediglich mit einer speziellen Klemme angeritzt und ein wenig gespreizt. Die beiden Samenleiter werden nach außen gezogen, durchtrennt und ein je 1,5 cm langes Stück entfernt. Die Enden werden abgebunden und elektrisch verödet.
Danach soll man fünf Tage lang keinen Leistungssport ausüben und sieben Tage lang nicht ejakulieren. Nach drei Monaten werden ein bis zwei Spermiogramme durchgeführt: Sind keine beweglichen Spermien nachweisbar, kann man ohne Verhütung Sex haben.
Wie sicher ist eine Vasektomie?
Sehr sicher. Der Pearl-Index (Maß für die Beurteilung der Sicherheit von Verhütungsmitteln) liegt bei 0,1. Das bedeutet: „Von 1.000 Männern, die eine Vasektomie durchführen ließen, wird innerhalb eines Jahres nur einer Vater“, sagt Özsoy. Der Pearl-Index der Pille beträgt – bei perfekter Anwendung – 0,3. In der Realität ist er durch Anwendungsfehler höher.
Gibt es Nebenwirkungen?
Die Vasektomie ist ein Eingriff mit sehr wenig Komplikationen. 10 bis 15 Prozent der Patienten spüren ein bis fünf Tage lang ein leichtes Ziehen im Hodenbereich. Länger andauernde stärkere Schmerzen haben laut Studien ein bis zwei Prozent der Patienten.
„Wir machen in unserem Zentrum rund 400 Vasektomien jährlich und haben ein solches Post-Vasektomie-Syndrom noch nie gesehen“, berichtet Özsoy. „Wir hatten lediglich Patienten, die ein, zwei Wochen lang leichte Schmerzen verspürten, die wir aber mit Schmerzmitteln gut therapieren konnten. “
Wie groß ist das Interesse der Männer?
„Bei uns steigt die Nachfrage – und das höre ich auch von Kollegen“, so Berufsverbandspräsident Özsoy. Einerseits sind es Männer mit abgeschlossener Familienplanung, aber zunehmend auch Männer, die gar keine Kinder wollen.
„Es gibt viele Männer, die bereit sind, in einer Beziehung die Verantwortung für das Thema Verhütung zu übernehmen und sagen: Ich will nicht, dass meine Frau den Nebenwirkungen von Hormonpräparaten ausgesetzt ist, für mich ist die Vasektomie ein 15-minütiger Eingriff und das war es dann. Natürlich gibt es auch viele Männer, für die das unvorstellbar ist, die ihre Männlichkeit gefährdet sehen – aber mein Eindruck ist, dass diese Männer weniger werden.“
Kann man eine Vasektomie rückgängig machen?
Laut Studien wollen circa sechs Prozent der Männer mit Vasektomie eine Rückoperation – meist ist eine neue Partnerin der Grund. Bei diesem Eingriff werden die Enden der durchtrennten Samenleiter wieder miteinander verbunden. Danach sind in circa 80 Prozent der Fälle im Ejakulat wieder Spermien nachweisbar. Zu einer Schwangerschaft kommt es aber nur nach 50 bis maximal 70 Prozent der Rückoperationen.
Der Grund ist wahrscheinlich eine Reaktion des Immunsystems, erklärt Özsoy: Nach der Durchtrennung der Samenleiter werden die Spermien nicht mehr ausgeschieden, sondern bleiben im Nebenhoden und werden dort abgebaut. Sie können aber auch in umliegendes Gewebe austreten und der Körper bildet Antikörper (Abwehrstoffe) gegen seine eigenen Spermien. Das kann nach der Rückoperation zur Unfruchtbarkeit führen.
Und die Kosten?
Zwischen 850 und 1.200 Euro, in Wien liegt der Durchschnittspreis bei 900 Euro, sagt Özsoy. Eine Samenanalyse nach dem Eingriff kostet rund 50 Euro. Diese Kosten werden nicht von den Sozialversicherungsträgern übernommen. Grundsätzlich kann sich jeder Mann, der das 25. Lebensjahr vollendet hat, einer Vasektomie unterziehen.
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