Psychotherapeutin: So gelingt Übernachten bei Freunden und mit der Schule

Zwei Buben lesen ein Buch mit einem Nachtlicht.
Das erste Mal bei Freunden zu übernachten ist aufregend. Auch viele Schulen wollen mit gemeinsamen Übernachtungen das Gemeinschaftsgefühl stärken. Was dabei hilft.

Für viele Kinder ist es ein großes Abenteuer: Das erste Mal nicht im eigenen Bett, sondern bei einer Freundin oder einem Freund übernachten. Meist ist alles ein bisschen anders: Das Abendessen zu einer anderen Zeit, die Schlafenszeit wird gemeinsam ausgehandelt und das Einschlafen klappt vielleicht nicht sofort. Doch genau diese Erfahrungen machen das Übernachten spannend – und wertvoll, sagt Pädagogin und Psychotherapeutin Paria Tuttinger. „Bei Freunden zu übernachten stärkt das Selbstvertrauen und schafft besondere Gemeinschaftserlebnisse. Das Kind sammelt auch Erfahrungen über sich selbst. Wenn es nur mit Freunden zusammen ist, ist die Selbstwahrnehmung oft ganz anders als in der vertrauten Umgebung zu Hause“, so Tuttinger.

Schulübernachtungen für ein besseres "Wir-Gefühl"

Auch viele Schulen nutzen gemeinsame Übernachtungen, um die Bindungen und das Wir-Gefühl zwischen den Kindern zu stärken. Viele erinnern sich ihr Leben lang an die gemeinsamen Erlebnisse bei Schullandwochen, Ski- und Outdoorwochen oder Sprachreisen. Hier kommt noch ein pädagogischer Aspekt hinzu: Im Klassenverbund lernen Kinder in einer Gruppe Regeln einzuhalten, Verantwortung für ihre Sachen zu übernehmen und Rücksicht auf andere zu nehmen. Die Kinder und Jugendlichen können in einem geschützten Rahmen erste Schritte Richtung Selbstständigkeit machen. Eine oder mehrere Nächte ohne Eltern können aber auch herausfordernd sein. Nicht jedes Kind fühlt sich sofort wohl dabei, außerhalb des eigenen Zuhauses zu schlafen. Heimweh ist ein häufiges Thema, das aber auch eine Chance bietet, Strategien zum Umgang mit Gefühlen zu entwickeln.

Damit das gelingt, sollten ein paar Dinge beachtet werden. „Wichtig ist, dem Kind zu vermitteln, dass es nicht woanders übernachten muss, wenn es das nicht will. Das heißt nicht, dass bei kleinen Unsicherheiten sofort abgesagt wird, aber der grundsätzliche Wunsch sollte vom Kind kommen“, betont Tuttinger. Hilfreich ist, wenn es vor dem ersten Mal, das meist im Volksschulalter stattfindet, bereits zuvor bei Verwandten übernachtet hat und die Situation kennt, alleine bei Freunden zu Besuch zu sein. Tuttinger: „Man sollte klar besprechen, was passiert, wenn das Kind sich unsicher fühlt, etwa, dass es anrufen kann oder wenn nötig, in der Nacht abgeholt wird. Das sorgt für die Gewissheit: Ich werde nicht alleingelassen, Mama und Papa sind für mich da.“

Sorgfältiges Packen verhindert Überraschungen

Hilfreich können beispielsweise ein Kuscheltier oder der eigene Polster sein, eine kleine Taschenlampe oder das Lieblingsbuch, die ein gewisses Sicherheitsgefühl geben. Generell brauche es beim Packen eine gewisse Sorgfalt: Kleinigkeiten wie ein vergessener Badeanzug, wenn bei den Schul-Projekttagen Schwimmen geplant ist, können das Kind aus der Bahn werfen. Ob das eigene Kind für eine Übernachtung bereit ist, sei sehr individuell, sagt Tuttinger. In Bezug auf Klassenfahrten mit der Schule rät sie bei Unsicherheiten aufseiten der Eltern mit den Lehrpersonen Rücksprache zu halten.

Lehrerinnen und Lehrer sind meist sehr dankbar für Hinweise, wie sie das Kind am besten unterstützen können, etwa wenn es Angst im Dunkeln hat oder besondere Einschlafrituale braucht. Dies sollte man am besten offen ansprechen, „um zu klären, wie in einem Notfall damit umgegangen wird“, rät Tuttinger. Eltern sollten – egal, ob beim Schulausflug oder bei der Übernachtung bei Freunden – auch nachts erreichbar sein.

Ein Alter, ab dem Kinder Übernachtungen auswärts „schaffen“ können sollten, gibt es nicht, betont die Psychotherapeutin. Auch bei älteren Kindern, die bereits öfter bei Freunden übernachtet haben, können Heimweh und Unsicherheiten auftreten. Bei den Kennenlerntagen, die viele Schulen in der 5. Schulstufe veranstalten, sind die Klassenkollegen und Lehrpersonen beispielsweise meist noch nicht gut vertraut.

Helfen kann, dass der Ablauf gut besprochen wird, indem man sich etwa gemeinsam das Programm und die Unterkunftswebsite anschaut, damit Kinder gut vorbereitet sind. „Jedes Kind ist individuell. Oft übertragen Eltern ihre eigenen Ängste oder Erfahrungen auf die Kinder. Sind die Eltern entspannt, ist es das Kind meist auch.“

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