Wenn Schularbeiten Angst machen

Ein Mädchen schaut zwischen Büchern ins Weite.
Prüfungsangst ist für viele Kinder mehr als nur Nervosität. Warum man ihre Sorgen ernst nehmen sollte und wie man gemeinsam Strategien dagegen entwickelt.

Nach den ersten Wochen im neuen Schuljahr stehen für viele Schülerinnen und Schüler wieder Schularbeiten, Prüfungen und Tests an. Bei vielen lösen sie Nervosität bis hin zu Ängsten und Unwohlsein aus. Ein gewisses Maß an Anspannung kann zwar hilfreich sein. Wenn die Angst zu stark wird, kann sie aber blockieren und den Alltag beeinträchtigen.

Häufig reagieren Eltern mit Sätzen wie „Du schaffst das sicher“, „Es ist doch nicht so schlimm“ oder „Mach dir keinen Kopf“. Das ist zwar gut gemeint, aber die Ängste des Kindes sollten ernst genommen und nicht klein geredet werden, rät Stephanie Strobl, Klinische Psychologin im Zentrum LEoN für Lernen, Entwicklung und Neurodiversität in Wien. „Ganz wichtig ist, Verständnis für Ängste und Sorgen zu zeigen, auch wenn es aus Sicht der Eltern vielleicht nur ein kleiner Test ist. Dann geht es darum, zu schauen, was die konkreten Befürchtungen sind – nur, wenn man weiß, wovor das Kind Angst hat, kann man etwas entgegensetzen“, sagt Strobl.

Gemeinsam mit dem Kind Strategien erarbeiten

Es macht etwa einen Unterschied, ob das Kind fürchtet, dass ihm während der Schularbeit nichts einfällt, oder ob es Angst davor hat, die Eltern mit einer schlechten Note zu enttäuschen. „Gemeinsam kann man überlegen, ob das, was passieren könnte, wirklich so schlimm ist, wie gefürchtet, und welche Strategien helfen könnten, damit umzugehen. Es geht nicht um positives Denken im Sinn eines ,Ich schaffe das sicher’, sondern darum, eine konstruktive Sichtweise zu entwickeln. Zum Beispiel: ,Ich habe mich gut vorbereitet und wenn ich es so wie beim Üben mache, dann kann ich es gut schaffen’. Oder: ,Meine Eltern wollen, dass ich gut lerne, aber stehen auch zu mir, wenn ich es nicht schaffe’“, erläutert Strobl.

Eltern können von ihren eigenen Ängsten vor Prüfungen erzählen und wie sie damit umgegangen sind. Gemeinsam können auch Strategien für das Lernen erarbeitet werden, etwa wie Lernzeiten eingeteilt werden, wann es Pausen braucht und wie die Lernsituation gestaltet ist.

Warum manche Kinder mehr Angst vor Schularbeiten und Tests haben als andere, hat mehrere Ursachen. „Eine Rolle spielt die genetische Veranlagung – man weiß z. B. aus Familien- und Zwillingsstudien, dass es eine familiäre Häufung von Ängsten gibt. Häufiger betroffen sind auch Kinder, die sich wenig zutrauen, also eine gewisse Misserfolgserwartung haben, oder eine hohe Selbstaufmerksamkeit aufweisen. Das heißt, sie nehmen ihre Körperreize intensiver wahr, etwa Anzeichen von Nervosität wie Herzklopfen“, so Strobl.

Hohe Erwartungen von Eltern und Lehrern

Oft werden die eigenen Fähigkeiten unterschätzt, während die Schwierigkeit der Prüfung überschätzt werde. Auch das Umfeld hat großen Einfluss. „Das können die Eltern sein, die vielleicht selbst Angst vor Prüfungen haben und diese Unsicherheit vermitteln. Hohe Leistungsanforderungen sowie überbehütende oder autoritäre Erziehungsstile, die wenig Raum für die Erfahrung lassen, dass das Kind etwas selbstständig schafft, können Ängste ebenfalls verstärken.“ 

Auch vonseiten der Schule können Druck und Stress erzeugt werden, etwa durch Lehrer, die überkritisch auf schlechte Noten reagieren. Und auch kritische Lebensereignisse sowie Lernstörungen können Prüfungsangst beeinflussen.

Angst kann Bauchweh und andere körperliche Beschwerden auslösen

Bei manchen Kindern kommt es vor Schularbeiten und Tests zu körperlichen Symptomen wie Bauch- oder Kopfweh, Übelkeit oder Schlafproblemen. Strobl: „Hier kann helfen, die Situation einfühlsam zu benennen, dass etwa eine Prüfung ansteht und auch bei sich selbst sich der Bauch manchmal komisch anfühlt, wenn man vor etwas Angst hat. Das Ziel ist zu vermitteln, dass wenn man sich der Angst stellt, sie auch weniger wird – wenn man aber zuhause bleibt, es auf lange Sicht schlimmer wird.“

Führen Prüfungsängste zu Einschränkungen oder belasten die Familie, können Eltern Unterstützungsangebote einholen, etwa über die Schulpsychologie oder eine Elternberatung bei einem Psychologen oder einer Psychologin. In manchen Fällen kann auch eine psychologische Diagnostik sinnvoll sein.

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