Erstmals Schweineniere einem lebenden Menschen transplantiert

Die Schweineniere wird von den Chirurgen für die Transplantation vorbereitet.
Erster derartiger Eingriff weltweit. Genetische Veränderungen mit der Genschere Crispr-Cas9 sollen Abstoßung verhindern. Hoffnung auf Ersatz für Dialyse.

Es ist der weltweit erste Eingriff dieser Art: Chirurgen in Boston haben einem lebenden 62-jährigen Mann eine Niere eines gentechnisch veränderten Schweins transplantiert. Verläuft die Rehabilitation des Patienten gut und wird das Organ nicht abgestoßen, könnte die sogenannte Xenotransplantation Hoffnung für viele Dialysepatienten bedeuten.

Die bisherige Entwicklung sei vielversprechend, berichten US-Medien wie etwa auch die New York Times. Die neue Niere begann bereits kurz nach der Operation am vergangenen Wochenende Urin zu produzieren, und der Zustand des Patienten verbessert sich kontinuierlich, wie die Ärzte des Massachusetts General Hospital in Boston mitteilten. Der Mann gehe bereits durch die Gänge des Spitals und könnte bald entlassen werden.

Wenn Nieren von gentechnisch veränderten Tieren in großem Umfang transplantiert werden können, "wird die Dialyse obsolet", sagte Leonardo V. Riella, medizinischer Leiter für Nierentransplantation am Massachusetts General Hospital. Schweinenieren als neue Quelle für Ersatzorgane "könnten ein hartnäckiges Problem in diesem Bereich lösen - den unzureichenden Zugang von Patienten aus Minderheiten zu Nierentransplantationen", erklärte Winfred Williams, stellvertretender Leiter der nephrologischen Abteilung am Massachusetts General Hospital, der den Patienten behandelt.

Erstmals Schweineniere einem lebenden Menschen transplantiert

Die Wissenschaftler haben dem Schwein, von dem das gespendete Organ stammte, drei Gene entfernt, die eine mögliche Abstoßung begünstigen könnten. Um das Schweineorgan einem menschlichen ähnlicher zu machen und das Risiko einer Abstoßung zu verringern, fügten sie sieben Gene des Menschen ein. Dafür nützen sie die Genschere CRISPR-Cas9.  Außerdem inaktivierten die Wissenschafter Retroviren, die Schweine in sich tragen und bei der Transplantation eines Schweineorgans eine Gefahr darstellen könnten.

Der Transplantationspatent Richard Slayman litt viele Jahre an Diabetes und Bluthochdruck. Nachdem seine Nieren versagt hatten, war er sieben Jahre lang an der Dialyse. 2018 erhielt er ein gespendete Niere von einem Menschen, aber diese versagte nach fünf Jahren. Ab 2023 musste er wieder an die Dialyse, aber sein Zustand verschlechterte sich kontinuierlich. "Auf eine weitere Niere hätte er fünf bis sechs Jahre warten müssen, das hätte er nicht überlebt", erläutert Williams.

Erstmals Schweineniere einem lebenden Menschen transplantiert

Mittlerweile benötigt Richard Slayman keine Dialyse mehr.

Bereits im Vorjahr hatten Mediziner einem hirntoten Patienten eine Schweineniere eingesetzt, die in seinem Körper zwei Monate lang wie vorgesehen funktionierte.

Die sogenannte Xenotransplantation - die Übertragung von tierischen Organen auf den Menschen - wird schon seit den 1980er Jahren erforscht. Schweine gelten dabei als besonders geeignet als Spender, weil ihr Stoffwechsel dem von Menschen ähnelt. 

Bereits zwei Transplantationen von Schweineherzen

Im Jahr 2022 und 2023 fanden an der Universität von Maryland, Baltimore, zwei Transplantationen von Schweineherzen statt.

Dem ersten Patienten, dem 57-jährigen David Bennett, war im Januar 2022 ein solches Organ implantiert worden. Nach der OP war der Zustand des schwerkranken Mannes zunächst relativ stabil, verschlechterte sich dann jedoch rapide. Rund zwei Monate nach der Transplantation war der Mann gestorben.

Die zweite Transplantation eines Schweineherzens fand im September 2023 statt. Der Patient Lawrence Faucette, der an einer unheilbaren Herzkrankheit gelitten hatte, machte zunächst erhebliche Fortschritte. Nach einigen Wochen zeigte sein Herz jedoch erste Anzeichen einer Abstoßungsreaktion. Am 30. Oktober 2023 verstarb auch der zweite Patient. 


 

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