Kennedy-Enkelin hat unheilbaren Blutkrebs: Woran man die Erkrankung bemerkt
Tatiana Schlossberg bei einem Auftritt 2023.
Tatiana Schlossberg, eine Enkelin des bei einem Attentat 1963 erschossenen US-Präsidenten John F. Kennedy, machte am Wochenende bekannt, dass sie unheilbar an Blutkrebs erkrankt ist. In einem berührenden Gastbeitrag im Magazin The New Yorker schildert sie, wie sie kurz nach der Geburt ihres zweiten Kindes im Mai 2024 die Diagnose Akute myeloische Leukämie (AML) erhielt. Zudem mit der seltenen Mutation Inversion 3, die meist bei älteren Menschen auftritt.
Ein Arzt hatte bemerkt, dass die Zahl ihrer weißen Blutkörperchen erhöht war, und weitere Untersuchungen veranlasst. Inzwischen hat sie mehrere Chemotherapien und zwei Stammzelltransplantationen erhalten und an klinischen Studien teilgenommen. „Während der letzten klinischen Studie sagte mir mein Arzt, dass er mich vielleicht ein Jahr lang am Leben halten könne“, schreibt die heute 35-Jährige. Im Artikel wurde ein aktuelles Bild Schlossbergs veröffentlicht, das sie mit kurzen grauen Haaren und gezeichnet von der Erkrankung und den zahlreichen Behandlungen zeigt.
Bösartige Erkrankung verdrängt gesunde Blutkörperchen
AML ist eine bösartige Erkrankung des blutbildenden Systems, die von bestimmten Vorläuferzellen im Knochenmark ausgelöst wird. Diese sogenannten Blasten vermehren sich schnell, verdrängen die gesunden Zellen im Knochenmark und sind bei einem Teil der Patienten auch im Blut nachweisbar. Dadurch kommt es zu einem Mangel an funktionsfähigen roten und weißen Blutkörperchen sowie Blutplättchen.
Typische Symptome sind Müdigkeit, Blässe, Infektanfälligkeit, Fieber, Blutungsneigung, etwa häufiges Nasenbluten oder blaue Flecken. Schlossberg, Mutter eines dreijährigen Sohnes und einer einjährigen Tochter, traf die Diagnose völlig unerwartet. „Ich war am Tag zuvor im Pool eine Meile geschwommen, ich war im neunten Monat schwanger. Ich war nicht krank. Ich fühlte mich nicht krank. Ich war sogar eine der gesündesten Personen, die ich kannte“, schreibt die Umweltjournalistin aus dem berühmten Kennedy-Clan.
Dass jüngere AML-Patienten von ihrer Erkrankung durch einen Zufallsbefund erfahren, komme durchaus vor, sagt Karoline Gleixner von der MedUni Wien. „Häufiger ist aber, dass die Patienten Beschwerden haben. Meist suchen sie dann den Hausarzt auf, und in weiterer Folge fällt im Blutbild auf, dass die Blutkörperchen zu niedrig oder zu hoch sind“, erklärt Gleixner.
Therapie wird individuell angepasst
AML tritt selten auf – in Österreich erkranken jedes Jahr vier je 100.000 Einwohner neu. Die Inversion 3, von der Schlossberg betroffen ist, bezieht sich auf eine ungünstige genetische Veränderung, die laut Gleixner weniger als zwei Prozent aller AML-Patienten betrifft, aber mit einem aggressiven Verlauf und schlechterem Ansprechen auf Standardchemotherapie verbunden ist. AML verläuft unbehandelt rasch fortschreitend und tödlich. Zur Therapie gehören – je nach Subtyp sowie Alter und Gesundheitszustand des Patienten – intensive Chemotherapie, zielgerichtete Medikamente sowie Stammzelltransplantationen.
Wichtig sind eine genaue genetische Diagnostik und eine individuelle Therapieplanung, da unterschiedliche Formen der AML zwischenzeitlich verschieden therapiert werden müssen. „Es gibt bei der AML kein ,one size fits all‘ mehr. Dank neuer Therapieformen kann die Therapie für ein optimales Ansprechen individualisiert werden. In der Regel erhalten jüngere Patienten aber intensive Chemotherapien, die sehr nebenwirkungsbehaftet sind“, so Gleixner. Pro Zyklus müssen die Patienten etwa ein Monat im Spital aufgenommen werden und leiden unter ausgeprägten Nebenwirkungen wie Infekten und Blutungen. Bei vielen besteht Bedarf an Bluttransfusionen. Ältere Patienten erhalten weniger intensive Therapien, die die Erkrankung zwar für ein paar Jahre in Schach halten können, sie aber nicht dauerhaft heilen, erklärt Gleixner.
Hohes Rückfallrisiko
Chromosomenbrüche können spontan auftreten oder durch äußere Einflüsse wie Strahlung oder Chemotherapie aufgrund anderer Krebserkrankungen begünstigt werden. „AML ist mit Chemotherapie oft gut behandelbar, aber das Rückfallrisiko ist hoch. Bei einem neuerlichen Auftreten – vor allem nach einer oder gar zwei Stammzelltransplantationen – sind die Therapieoptionen zudem begrenzt“, betont Gleixner.
Kritik an Verwandtem Robert F. Kennedy, Gesundheitsminister der USA
Schlossberg geht in ihrem Essay auch auf die Politik des Cousins ihrer Mutter, US-Gesundheitsminister Robert F. Kennedy, ein. Sie wirft ihm vor, dass seine politischen Maßnahmen Krebspatienten wie ihr schaden könnten. „Während ich immer mehr meiner Lebenszeit in der Obhut von Ärzten, Pflegekräften und Forschern verbrachte, die das Leben anderer zu verbessern versuchten, sah ich zu, wie Bobby fast eine halbe Milliarde Dollar für die Forschung an mRNA-Impfstoffen kürzte – einer Technologie, die gegen bestimmte Krebsarten eingesetzt werden könnte“, schrieb die Tochter von John F. Kennedys Tochter Caroline, wobei sie den Spitznamen ihres Verwandten verwendete.
mRNA-Impfstoffe gelten als Hoffnung im Kampf gegen Krebs – sie nutzen Boten-Ribonukleinsäure (mRNA), um Zellen dazu zu bringen, bestimmte Tumor-Antigene herzustellen. Diese sollen das körpereigene Immunsystem anregen, die Tumorzellen zu erkennen und zu zerstören. „Noch haben mRNA-Impfstoffe in die Behandlung von AML keinen Eingang in die klinische Routine gefunden. In der präklinischen Forschung tut sich jedoch sehr viel. Schließlich stehen neue zielgerichtete Therapien kurz vor der Zulassung“, sagt Gleixner.
Kommentare