Studie: Einatmen von Putzmittel belastender als Autoabgase

In der Coronapandemie wollten viele ihr Zuhause, ihren Arbeitsplatz oder das Auto besonders gründlich von Keimen befreien. Doch viele handelsübliche Reinigungsmittel zur Desinfektion von Oberflächen können die Atemwege belasten – und zwar in einem Ausmaß, das beim Einatmen von Autoabgasen in Straßenschluchten entstehe oder dieses sogar übersteige. Das zeigt eine US-Studie, die im Fachblatt Science Advances veröffentlicht wurde.
"Natürlicher" Zitrusduft
Das Forschungsteam rund um die Chemikerin Colleen Rosales, die zum Zeitpunkt der Studie an der Indiana University forschte, konzentrierte sich in seiner Arbeit besonders auf Putzmittel mit "natürlichem“ Zitrus- oder Pinienduft.
Diese Reiniger enthalten häufig Monoterpene, die die Hauptbestandteile ätherischer Öle bilden. Ein Beispiel ist Limonene, das nach Zitrus duftet, Schmutz gut bindet, vielseitig und auf verschiedenen Oberflächen einsetzbar ist sowie schädlingsbekämpfende Eigenschaften besitzt. Laut den US-Forschenden setzen diese Mittel jedoch flüchtige organische Verbindungen (engl. Volatile Organic Compounds, VOC) frei.
Warum VOC gefährlich sein können
Einige VOC, die aus verschiedenen Quellen stammen, könnten Sinnesreizungen, Kopfschmerzen, aber auch Organschäden und selbst Krebs verursachen, so eine Auflistung der US-amerikanischen Umweltschutzbehörde EPA.
Für die Studie wurde ein Testraum von gut 20 Quadratmetern mit einem handelsüblichen, auf Monoterpenen basierendem Putzmittel eine knappe Viertelstunde gewischt und gereinigt, während die Wissenschafterinnen und Wissenschafter kontinuierlich die Raumluft analysierten. Nach Berechnungen des Teams atmet ein Mensch, der einen derartigen Reiniger nutzt, zu Beginn des Wischens etwa 30 bis 40 Mikrogramm primäre flüchtige organische Verbindungen pro Minute ein.
In tiefste Regionen der Lunge vordringen
Hinzu kämen dann 0,1 bis 0,7 Mikrogramm sekundärer organischer Aerosole, die durch die Reaktion des Produkts mit der Raumluft entstünden. Massemäßig sei das nicht viel, doch viele der entstandenen Partikel bewegten sich im Nanogrößen-Bereich und könnten so gesundheitliche Relevanz haben, da sie dazu in der Lage seien, in tiefste Regionen der Lunge vorzudringen.
Laut den Forschenden entspreche das Ausmaß der Partikel etwa jenem, das beim Einatmen von Autoabgasen in Straßenschluchten entstehe oder liege sogar darüber. Die Autoren betonen jedoch, dass bisher wenig über das toxikologische Profil jener Teilchen bekannt sei, obwohl früheren Studien zufolge eine zellschädigende Wirkung nicht ausgeschlossen werden könne. Intelligentes Lüften könnte helfen, die Ansammlung von Teilchen zu reduzieren.
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