Sodbrennen und Reflux: Was hilft und wann operiert werden sollte

"Hast du Sodbrennen? Du siehst so sauer aus.“ Das Zitat aus dem bekannten Film „Mein Name ist Nobody“ mit Terence Hill und Bud Spencer bringt augenzwinkernd auf den Punkt, worum es beim Sodbrennen geht: saures Aufstoßen.
Ein Thema, das besonders im Fasching Hochsaison hat. „Zu große Portionen, zu fettes, üppiges oder zuckerreiches Essen, zu viel Alkohol, Kaffee, aber auch Nikotin regen die Produktion der Magensäure an, was Beschwerden verursachen kann. Das ist eine normale Reaktion auf eine bestimmte Form von Ernährung, die keiner weiteren Therapie bedarf“, sagt Dr. Bernhard Eltschka, Leiter der Refluxambulanz im St. Josef-Krankenhaus, Wien.
Ein gewisses Maß an Sodbrennen kommt bei jedem Menschen einmal vor, emotionaler Stress kann ebenfalls dazu führen. Und sogar das berühmte „Nickerchen nach dem Mahl“ wirkt mitunter kontraproduktiv: „Viele Menschen essen zu viel und legen sich womöglich gleich nach dem Essen hin, ein Fehler“, betont Eltschka. Also nix da mit dem Spruch „Nach dem Essen sollst du ruh’n oder tausend Schritte tun“? „Naja, es kann nicht schaden, direkt nach der Nahrungsaufnahme etwas Frieden zu geben, aber sich nach einem üppigen Essen sofort niederzulegen ist genauso schlecht wie intensiver Sport nach dem Mahl“, so der Mediziner. Das klassische Mittagsschläfchen sei nur bei moderaten Essensportionen sinnvoll.
Keine eigenständige Erkrankung
Sodbrennen ist keine eigenständige Krankheit, sondern ein Symptom. In manchen Fällen kann wiederkehrendes Sodbrennen allerdings auf ein ernstes Leiden hinweisen: die Reflux-Krankheit, als derzeit „statistisch am schnellsten zunehmende Erkrankung unserer Zeit“, so Eltschka. Sie ist eng mit dem westlichen Lebensstil verknüpft, „populärwissenschaftlich formuliert lässt sich sagen: Wir essen zu viel, und arbeiten zu wenig körperlich.“ Von wegen „Sauer macht lustig“: An die 80 Prozent der Bevölkerung sind bereits davon betroffen, es gibt Prognosen, die besagen, dass im Jahr 2030 bereits 100 Prozent der Menschen über 16 Jahren an einer Refluxerkrankung leiden werden.

Reflux-Experte Dr. Bernhard Eltschka
Dabei führt ein Zuviel an Magensäure zu einem Rückfluss von saurem Mageninhalt in die Speiseröhre, die dann geschädigt wird. Die Symptome können vielseitig sein und sind oft uneindeutig: Husten, Heiserkeit, Räusperzwang, Schmerzen entlang des Verlaufs der Speiseröhre, Schluckstörungen, schlechte Zähne, Mundgeruch – und – als Leitsymptom: Sodbrennen. „Diese Komplexität erschwert die Diagnose. Wobei man auch sagen muss: Jeder Mensch hat Reflux, das ist etwas Normales. Nur wenn es eine bestimmte Menge übersteigt, hat es einen Krankheitswert“, so Eltschka.
Alarmsignal des Körpers
Immer wiederkehrendes Sodbrennen, vielleicht in Verbindung mit Druck oder Schmerzen im Magen, sei jedenfalls ein Alarmsignal des Körpers, das ernstgenommen und medizinisch abgeklärt werden sollte. „Wer womöglich täglich oder zumindest ein- oder zweimal pro Woche darunter leidet und auch nachts davon aufwacht, sollte schauen, woher das kommt“, rät der Mediziner.
Doch wie entsteht pathologischer Reflux genau? Ein wenig Anatomieunterricht: So selbstverständlich der Schluckakt beim Essen erscheint, so kompliziert ist er. Ein raffiniertes Zusammenwirken von Erschlaffung und Kontraktion der daran beteiligten Muskulatur der Speiseröhre, die man sich wie einen langen Schlauch vorstellen kann. Diese muss sich in der richtigen Reihenfolge an- und wieder entspannen, damit die Nahrung transportiert werden kann. Eine spezielle Rolle spielt dabei der untere Schließmuskel der Speiseröhre als Verschlussventil zum Magen, der verhindert, dass Magensäure in die Speiseröhre fließt. Wenn die Koordination dieser Muskelarbeit gestört ist, arbeitet das Ventil nicht mehr. „Die Refluxerkrankung beruht darauf, dass das Hochdruckventil undicht wird und Säure vom Magen in die Speiseröhre zurückrinnen kann, was zu unangenehmen Symptomen und Sodbrennen führen kann, vor allem beim Liegen.“
Um eine Refluxerkrankung zu erkennen, werden unterschiedliche Untersuchungen durchgeführt: „Eine Magenspiegelung, die Manometrie der Speiseröhre, eine 24-Stunden-ph-Metrie und manchmal ein Röntgen mit Kontrastmittel“, sagt Eltschka. Bei der Manometrie werden über eine Nasensonde die Beweglichkeit der Speiseröhrenmuskulatur und der Schluckakt geprüft. Bei der ph-Metrie wird gemessen, wie viel Säure tatsächlich aus dem Magen in die Speiseröhre gelangt. „Erst dann kann die Entscheidung über eine mögliche Operation fallen, weil es viele andere Erkrankungen gibt, die ähnliche Symptome auslösen können“, betont Eltschka.
Wann ist eine OP indiziert?
Liegen alle Diagnosefaktoren vor, ist es wichtig, sich mit dem Patienten zusammenzusetzen. „Die Behandlung der Refluxerkrankung braucht Zeit, das lässt sich nicht in fünf Minuten abhandeln, da muss man viel darüber reden, weil es sehr individuell ist. Ich behandle keine Befunde, sondern Menschen“, sagt er. Zumal es in manchen Fällen nach einer Operation zu einer Verschlechterung kommen kann. Jeder sei anders, daher sollte die Behandlung von Reflux oder Sodbrennen niemals dogmatisch ablaufen. Die eine „Wundertherapie“ existiert nicht, auch die Befunde sind oft nicht entscheidend, zumal persönliche Faktoren eine große Rolle spielen. Eltschka: „Wir haben die Hardware-Komponente und die Software-Komponente. Die Hardware-Komponente kann ich zwar richten, die Software hat aber auch gar nicht so wenig Einfluss. Gerade das System Speiseröhre-Magen ist durch Stress oder sonstige Faktoren stark beeinflussbar.“
Automatisch operiert würde also nicht. Stattdessen wird meist versucht, das Leiden mit konservativen Maßnahmen in den Griff zu bekommen. Etwa, indem bestimmte Nahrung gemieden und abends reduziert gegessen wird. Oft werden säurehemmende Medikamente verschrieben, manchmal helfen Hausmittel. Operiert wird erst, wenn das alles nichts bringt und sich eine chronische Entzündung der Speiseröhre entwickelt. Oder beim Zwerchfellbruch, wo es in der Muskelplatte zwischen Brusthöhle und Bauchraum zu Lücken kommt, etwa wegen eines Unfalls oder einer angeborenen Bindegewebsschwäche. Auch so entstehen saures Aufstoßen und Sodbrennen. Eltschka: „Bei einem großen Zwerchfellbruch wird oft operiert“. In jedem Fall kommen dabei vor allem minimalinvasive Verfahren zum Einsatz.
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