Drei zielorientierte Schritte
Entstanden ist die Methode Anfang der 1990er-Jahre in England. Sie kann auch in Kindergärten und bei Erwachsenen eingesetzt werden und beruht auf drei Schritten: Zunächst erfolgt ein einfühlsames Gespräch mit dem Mobbingbetroffenen, wo klar gemacht wird, dass die Person Hilfe bekommt, dass eine erwachsene Person die Verantwortung dafür übernimmt, dass es ihr besser geht. Gemeinsam werden sechs bis acht Schüler benannt, die später die „Unterstützungsgruppe“ bilden. Davon sind etwa die Hälfte Hauptakteure des Mobbings, die anderen sind Schüler, von denen man annimmt, dass sie Lösungsvorschläge haben.
„Die Unterstützungsgruppe setzt sich im zweiten Schritt mit der Lehrperson zusammen. Es wird klar gemacht, dass es jemandem in der Klasse gar nicht gut geht und dass jeder das Recht hat, ohne Angst in die Schule zu kommen. Gleichzeitig wird vermittelt, dass jeder der Unterstützer etwas beitragen kann, das zu ändern. Meistens machen die Kinder tolle Vorschläge, wie sie sich einbringen können“, so Wiegrefe. Jedes Kind verlässt das Gespräch mit einem konkreten Auftrag. Etwa acht bis 14 Tage später kommt es im dritten Schritt zu einem Nachgespräch mit jedem aus der Unterstützergruppe und mit dem Betroffenen.
Laut einer deutschen Evaluierung von 220 Fällen aus dem Jahr 2008 lassen sich mit dem Ansatz 87 Prozent des Mobbings stoppen. Das deckt sich mit Wiegrefes Erfahrungen und jenen von Vera Fleischanderl-Pilat, Lehrerin am Gymnasium GRG15 Auf der Schmelz in Wien. „Man spricht die Kinder in der Unterstützergruppe in ihren Stärken an und das Wir-Gefühl wird wieder gestärkt. Manche haben überbordend viele Ideen, wie sie helfen können und wollen es wirklich gut machen“, sagt Fleischanderl-Pilat, die den Ansatz an ihre Schule brachte.
Anzeichen für Mobbing
Der Bedarf ist groß – etwa jedes dritte Kind war schon einmal von Mobbing betroffen, insbesondere Cybermobbing nimmt zu. Auch Jahre später leiden Beteiligte unter den Folgen. „Mobbing passiert oft verdeckt, viele schweigen, weil sie Angst haben, sonst selbst betroffen zu sein. Und betroffene Kinder geben sich häufig selbst die Schuld, vertrauen sich lange niemandem an“, erzählt Fleischanderl-Pilat. Manche öffnen sich gegenüber den Eltern, viele reagieren jedoch mit Rückzug. Oft kommt es zu einem Leistungsabfall in der Schule, zu psychosomatischen Beschwerden wie Kopfweh oder Bauchweh, andere werden aggressiv.
Bemerken Eltern Veränderungen, sollten sie versuchen ihr Kind zu stärken, und die Schule um Hilfe bitten. Auch Lehrer sind gefordert, genau hinzuschauen. Fleischanderl-Pilat: „Wichtig ist, dass über Mobbing gesprochen wird und man etwas dagegen tut, um es zu lösen. Kinder sind kooperativ, sie wollen das Richtige tun.“
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