Neue Maßnahmen werden laut Epidemiologen wohl nicht ausreichen
Heute kommt die verpflichtende FFP2-Maskenpflicht für alle ab 14 Jahren. Außerdem wird der Mindestabstand auf zwei Meter ausgeweitet. Zudem starten verpflichtenden Testungen für diverse Berufsgruppen. Aber werden die neuen und alten Maßnahmen die notwendige Eindämmung des Infektionsgeschehens bringen?
Der Epidemiologe Gerald Gartlehner von der Donau-Uni Krems hat sich im Ö1-Morgenjournal zu den Lockdown-Aussichten geäußert. Nach den neuesten Clustern in Skigebieten in Westösterreich teilt Gartlehner die Meinung von Ärztekammerpräsident Thomas Szekeres, die Skilifte und Seilbahnen zu schließen. Man müsse sich eingestehen, dass der Lockdown in der derzeitigen Form das Maximum an Wirksamkeit erreicht habe und es wohl schärfere Maßnahmen braucht, um auf die gewünschten Zahlen zu kommen.
Die britische und südafrikanische Variante sind ansteckender und "biologisch fitter" und werden demnächst das Infektionsgeschehen auch in Österreich dominieren. Gartlehner führt die derzeitige Stagnation der Zahlen auf die mangelnde Bereitschaft der Bevölkerung bei den Maßnahmen mitzumachen zurück. Wahrscheinlich seien die neuen Virusvarianten aber auch schon dafür mitverantwortlich.
Medikamente gegen Corona?
Deutschland hat Antikörpermedikamente aus den USA gekauft. Diese Medikamente wären ein "kleiner Lichtblick" und könnten laut Gartlehner bei Risikopatienten helfen, schwere Verläufe zu verhindern. In den USA gibt es schon eine Notzulassung, hierzulande noch nicht.
Verlängerung steht wohl an
Der Epidemiologe meint – wie Christian Drosten in Deutschland – dass es auch mit Impfungen nicht sofort ins "völlig normale Leben" zurückgehen kann. Die Epidemie und die Maßnahmen würden uns wohl noch bis zum Herbst begleiten, so Gartlehner.
Der Zusatznutzen der neuen Maßnahmen werde außerdem wohl nicht groß genug sein, um die gewünschten Ziele (7-Tage-Inzidenz unter 50) zu erreichen. Ein harter Lockdown von zwei Wochen wäre besser gewesen, so Gartlehner - mit einer Sperre von Skiliften, verpflichtendem Homeoffice und mehr Kontrollen. Der Epidemiologe: "Dann hätten wir vielleicht die Chance gehabt die Zeile zu erreichen."
Menschen sind mobiler
Im Gegensatz zum ersten Lockdown sind die Menschen in Österreich derzeit zudem wesentlich mobiler. Komplexitätsforscher Peter Klimek von der Med Uni Wien im Ö1-Morgenjournal: "Die Menschen sind von Lockdown zu Lockdown mehr unterwegs. Im ersten Lockdown sind wir um 70 Prozent runtergegangen, im zweiten waren es dann ca. 45 Prozent, jetzt mit dem dritten Lockdown waren es dann maximal 27 Prozent, mittlerweile nähern wir uns eher den 20-25 Prozent an." Am stärksten schränken dabei die Menschen in Wien ihre Bewegungen ein, am wenigsten die Bevölkerung in den westlichen Bundesländern. Laut Klimek hat Wien den "größten Anteil an Zuhausebleibern".
Auch für Klimek geht es eher Richtung Verlängerung. Die jetzigen Bewegungseinschränkungen würden in den kommenden Wochen nicht ausreichen, um eine mögliche schnellere Ausbreitung durch die neuen Virusvarianten zu stoppen, so der Experte. Klimek schließt aus, dass man in zwei Wochen "alles aufmachen kann".
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