Nahe Österreich: "Die zweite Welle ist da"

Nahe Österreich: "Die zweite Welle ist da"
Weltweite "Corona-Ampel": Forscher orten Hinweise auf eine zweite Welle um Österreich.

Grün, gelb, rot: Die nationale Corona-Ampel färbt heimische Bezirke in den Ampelfarben ein, je nachdem, wie viele Infektionen in diesem Bezirk gerade nachgewiesen wurden. Wissenschaftler des Complexity Science Hub (CSH) Vienna haben dieses Tool geschaffen, in dem die positiv getesteten Fälle pro 10.000 Einwohner innerhalb der letzten 14 Tage grafisch dargestellt werden.

Nach diesem Prinzip haben nun die Visualisierungsforscher Johannes Sorger und Wolfgang Knecht vom CSH auf Basis der weltweiten Corona-Fälle von der Johns Hopkins-Universität auch eine internationale Ampel konstruiert.

Und sehe man sich darin die täglichen Fallmeldungen im Zeitverlauf an, zeige sich in einigen Ländern bereits ein "zweiter Hügel", erklärt Komplexitätsforscher Stefan Thurner im Gespräch mit der APA: "Die zweite Welle ist da".

Thurner warnt in diesem Zusammenhang vor einem Überschwappen von Entwicklungen auf Österreich, die auf eine zweite Welle hindeuten. Denn auch hierzulande gebe es erste Anzeichen für regionale Verschiebungen in diese Richtung. So sind dieser Tage mehrere Bezirke von "grün" auf "gelb" umgesprungen.

Das heißt, dass sich dort die Anzahl positiv getesteter Fälle pro 10.000 Einwohner im Vergleich der vergangenen 14 Tage merklich auf über eins erhöht hat. Das betrifft vor allem Linz, Wels und das Umland dieser Städte sowie St. Pölten und den Bezirk Neunkirchen (NÖ). Wien bleibt nach wie vor "gelb".

Voneinander abgegrenzte zweite Wellen sieht man dementsprechend in einigen Ländern besonders gut, die die Epidemie zunächst auch gut unter Kontrolle gebracht haben. Das passiert aktuell etwa in Israel, wo die täglichen neuen Fälle schon einmal fast bei null lagen. In Kroatien zeichnet sich - bei insgesamt immer noch wenigen Fällen - momentan ein "massiver zweiter Hügel" ab. Nahezu am gesamten Balkan sehe man ein ähnliches Bild, erklärte Thurner.

Etwas anders ist die Situation in den USA oder in Schweden, wo bekanntlich ein deutlich weniger rigider Eindämmungskurs gefahren wurde. Thurner: "Dort fährt die zweite Welle sozusagen in die erste Welle hinein oder drüber." Das liegt daran, dass es dort immer relativ viele Fälle gab und die Zahlen in den vergangenen Wochen auch nicht so stark zurückgegangen sind.

Diese Staaten erscheinen im Ampelsystem nun auch rot (mehr als zehn Fälle pro 10.000 Einwohner). Dazu kommen in dieser Kategorie auch beispielsweise noch die Republik Moldau, Saudi Arabien und der Oman, Südafrika und eine Reihe südamerikanischer Länder.

"Es gibt aber auch jede Menge Länder, wo es sich gerade so abzeichnet, dass eine zweite Welle vor der Tür steht bzw. wo es gerade anfängt", so der Komplexitätsforscher, der hier auch Nachbarländer Österreichs wie Tschechien, Slowenien, die Slowakei oder ein Stück weniger deutlich die Schweiz bzw. andere Eindämmungs-"Musterländer" wie Island oder Neuseeland einschließt. In Europa "wird sich in den nächsten Tagen relativ sicher einiges in Richtung gelb (zwischen einem und zehn Fälle pro 10.000 Einwohner, Anm.) ändern", prognostizierte der Wissenschafter.

In Österreich habe man die Eindämmung zeitlich einfach "relativ gut erwischt", sagte Thurner. Dadurch ist man hierzulande aber auch angesichts der beginnenden Urlaubssaison nicht vor einem erneuten Aufkommen der Erkranktenzahlen gefeit.

Anhaltspunkt für Reisen

Die Idee hinter der internationalen Ampel ist daher auch zu zeigen, dass etwa Reisen in grün eingefärbte Länder - mit weniger als einem neuen Fall pro 10.000 Einwohner in den vergangenen 14 Tagen - bedenkenlos angetreten werden könnten. "In gelb eingefärbte Länder würde ich schon einmal nicht mehr fahren. Rot kommt gar nicht in Frage", betonte Thurner, der die aktuelle Karte nicht in Übereinstimmung mit den momentanen Reisewarnungen der Behörden sieht.

Betrachte man auch die Entwicklung in Österreich, zeige sich vor allem in den vergangenen Tagen, dass es etwa in der Stadt Linz deutliche Zunahmen gegeben hat. "Dort waren es vor 14 Tagen noch fünf Fälle und jetzt sind es fast 40", so der Forscher.

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