Nicht nur am Valentinstag: Das Miteinander täglich feiern

Zaunpfahl mit Blumen
Experte Michael Musalek: Was, wenn wir den Valentinstag zum Anlass nehmen würden, Beziehung bewusster zu feiern?

Am Valentinstag des vergangenen Jahres befragt, was denn das Geheimnis einer guten Ehe sei, antwortete Patricia (83), seit 61 Jahren mit John (84), verheiratet, augenzwinkernd: „Lasst Euren Ehemann denken, dass er der Chef ist, solange er seiner Frau gehorcht.“ Was beweist: Es sind oft die kleinen Dinge, die in der Liebe zählen – samt einer Prise Humor.

Da stellt sich die Frage nach dem Sinn und Unsinn von Tagen, die der Liebe gewidmet sind: besagter Valentinstag, aber auch Mutter- oder Vatertag. Nun, einerseits ist es gut, dass solche Tage existieren, um Dinge nicht aus dem Fokus zu verlieren – siehe: Frauentag, Nationalfeiertag, etc. Für den Valentinstag gilt: Es ist schön, an jemanden, den wir lieben, zu denken und die Liebe in den Fokus zu rücken. Andererseits birgt das auch die Gefahr eines „Zwangs“, worin wiederum ein Konfliktpotenzial schlummert: Denn was für ein Desaster, wenn man darauf womöglich vergisst. Ebenso fragwürdig: Wenn Tage wie diese zum konsumgesteuerten Ritual verkommen, im Sinne eines Tauschgeschäfts. Dann wird geschenkt, um sich freizukaufen und den Rest des Jahres eine Ruh’ zu haben. Interessant ist außerdem, dass der Valentinstag oft als Einbahnstraße verstanden wird: Es ist der Tag der geliebten Frau und nicht des geliebten Mannes. Bemerkenswert, in Zeiten der Gleichberechtigung.

Sommergespräch mit Michael Musalek

Univ.-Prof. Michael Musalek, Suchtexperte und Psychiater

Aber wie können wir solchen Tagen mehr Sinn verleihen? Für mich geht es mehr denn je um Begegnung – in einer Zeit, in der wir so viele Beziehungsstörungen erleben müssen, sei es in der Politik, sei es gesellschaftlich. Wenn Valentinstage, Mutter- und Vatertage zu Beziehungstagen werden könnten, wäre das fantastisch. Ein Geben und Nehmen, abseits von Geschlechterrollen – vor allem aber: Zeit füreinander. Da könnten sich zwei Menschen hinsetzen und wirklich aneinander interessiert sein. Oder gemeinsam über die Beziehung nachdenken: Was macht dich glücklich? Was macht uns glücklich? Was kann ich für dich tun? Was können wir für uns tun? Das hat Tiefe, so wird daraus ein Fest der Begegnung und Beziehung.

Für mich geht es mehr denn je um Begegnung – in einer Zeit, in der wir so viele Beziehungsstörungen erleben müssen, sei es in der Politik, sei es gesellschaftlich. Wenn Valentinstage, Mutter- und Vatertage zu Beziehungstagen werden könnten, wäre das fantastisch. 

Abgesehen davon sollte sowieso jeder Tag ein bisschen Valentinstag sein – mit liebendem und wohlwollendem Blick auf das Gegenüber, mit bewussten Gesten der Zuneigung. Beziehungen sind schließlich keine Gegenstände, die man irgendwann einmal erworben hat, sondern laufende Prozesse, die von starken Zentrifugalkräften geprägt sind. Um diesen Kräften entgegenzuwirken und schöne Beziehungen zu erleben, müssen wir konsequent etwas tun. Das betrifft auch Freunde oder Verwandte. So betrachtet, könnten all diese „Feste der Liebe“ ein Anstoß sein, jeden Tag etwas für das Miteinander zu tun, zumal viele dieser Festtage ursprünglich auch dazu gedacht waren, dass Menschen zusammenkommen und Gemeinschaft erleben können.  Und genau das erscheint mir in einer Zeit, wo das Gegeneinander so stark geworden ist, besonders wertvoll und wichtig.

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