Mangelnder Impfschutz: Diphtherie-Fälle nehmen in Österreich zu

Mangelnder Impfschutz: Diphtherie-Fälle nehmen in Österreich zu
Migrationsbewegungen führten zu einem Anstieg. Jeder Dritte hierzulande ist nur unzureichend geschützt

Diphtherie ist zurück: Nach 20 Jahren ohne die mitunter lebensbedrohliche Infektionskrankheit traten seit 2014 zunächst vereinzelt Fälle auf. Im Jahr 2022 wurden hierzulande 62 Infektionen bestätigt, ein Fall verlief tödlich. Europaweit traten 2022 rund 400 Fälle in neun Ländern auf – darunter Deutschland, Italien und Österreich. Zum Vergleich: Im Zeitraum 2012 bis 2021 waren es insgesamt 452 Fälle.

Die neu aufgetretenen Infektionen betreffen bisher Migranten, die sich laut einer Analyse des deutschen Robert-Koch-Instituts hauptsächlich entlang der Balkanroute ansteckten. Ausgewertet wurden 169 Diphterie-Fälle in Deutschland. Laut Europäischer Gesundheitsbehörde ECDC könnte der europaweite Anstieg durch eine erhöhte Anzahl von Migranten aus Ländern mit höherer Diphtherie-Verbreitung zusammenhängen sowie mit einem erhöhten Übertragungsrisiko in bestimmten Umgebungen wie Aufnahmezentren für Migranten.

Auch in Österreich waren bisher nur Migranten betroffen. Allerdings besteht die Befürchtung, dass die Diphtherie sich weiter verbreiten könnte. Untersuchungen von Blutproben von rund 16.000 Menschen in Österreich zeigen, dass jeder Dritte nur unzureichend geschützt ist. "Diphtherie ist bei vielen Menschen nicht mehr im Bewusstsein. Auch im Erwachsenenalter müssen Auffrischungsimpfungen vorgenommen werden", sagt Angelika Wagner, Fachärztin für Spezifische Prophylaxe und Tropenmedizin an der MedUni Wien.

Auffrischung notwendig

Vor allem die Altersgruppe 60 plus sind Auffrischungsmuffel: Rund fünf Prozent der ab 60-Jährigen sind gar nicht geschützt, 41 Prozent unzureichend. Bei Kindern unter 15 Jahren sind rund zwei Prozent völlig ungeschützt, 36 Prozent unzureichend. Schon bei Kindern fehlen also einem guten Drittel die regelmäßig notwendigen Auffrischungen. Für Kinder bis zum vollendeten 15. Lebensjahr ist die Impfung gegen Diphtherie, die nur in Kombination mit anderen Impfstoffen verfügbar ist, kostenlos.

Die Grundimmunisierung besteht aus drei Impfungen, wobei die erste ab dem dritten Lebensmonat im Rahmen der Sechsfachimpfung erfolgt, die dritte um den ersten Geburtstag des Kindes. „Eine Auffrischung sollte in Form einer Vierfachimpfung gegen Diphtherie, Polio, Tetanus und Pertussis (Anm.: Keuchhusten) zwischen dem siebenten und neunten Lebensjahr verabreicht werden, dann alle zehn Jahre und ab 60 Jahren alle fünf Jahre“, rät Wagner. Die nachlassende Impfbereitschaft führt die Expertin auch auf die Pandemie zurück. Wer sich unsicher ist, wann die nächste Diphterie-Auffrischung notwendig ist, kann dies im Impfpass nachschauen oder mit dem Hausarzt besprechen.

Diphtherie wird durch das Bakterium Corynebacterium diphtheriae ausgelöst. Das Krankheitsbild kann von einer lokalen Infektion in Nase, Rachen, Kehlkopf, über eine Infektion der Atemwege bis zu schweren toxischen Formen mit Herzmuskel-, Nieren- oder Leberschäden variieren. Das Bakterium kann auch Haut- und Schleimhaut-Diphtherie mit Geschwüren und schmierigen Belägen verursachen.

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