Long Covid: Verschlimmerung sogar drei Jahre nach Infekt möglich

Long Covid: Frauen sind häufiger betroffen als Männer, das weibliche Geschlecht an sich stellte sich in einer neuen Studie als eigenständiger Risikofaktor heraus.
Das Wort "Long" in Long Covid kann tatsächlich eine sehr lange Zeitspanne bedeuten: Viele Patientinnen und Patienten, die zu Beginn der Pandemie schwer an Covid-19 erkrankt waren und in einem Krankenhaus behandelt werden mussten, haben sich auch nach drei Jahren noch nicht vollständig erholt, berichtet jetzt das Deutsche Ärzteblatt mit Verweis auf eine Studie der Erasmus Universität in Rotterdam. Demnach verschlechterten sich bei einigen Betroffenen im dritten Jahr die Symptome sogar.
In der Studie – sie ist im Fachmagazin Lancet Regional Health Europe erschienen – wurden 344 Erwachsene untersucht, die wegen Long Covid zwischen Juli 2020 und Oktober 2021 in sieben Krankenhäusern in den Niederlanden stationär behandelt wurden.
Nach der Spitalsentlassung wurden bis Mai 2024 insgesamt fünf Nachuntersuchungen durchgeführt. Erhoben wurden unter anderem Symptome wie Müdigkeit, psychische Gesundheit, geistige Leistungsfähigkeit, Schlafqualität und Arbeitssituation.
Long-Covid-Betroffene: Erholung aber auch bleibende Probleme
Auf der einen Seite stieg der Prozentsatz derjenigen, die sich vollständig erholt hatten: Von 12 Prozent nach drei Monaten auf 24 Prozent nach drei Jahren.
Hingegen waren 66 Prozent von Fatigue (anhaltende Müdigkeit, Kraftlosigkeit, fehlender Antrieb), 63 Prozent von eingeschränkter körperlicher Fitness, 59 Prozent von Gedächtnisproblemen und 53 Prozent von Konzentrationsstörungen betroffen.
Immerhin 28 Prozent berichteten von kognitiven Störungen und sogar 36 Prozent von der "Post-Exertional-Malaise" (PEM), das charakteristische Leitsyndrom von ME/CFS. PEM bezeichnet die Verschlechterung der Symptomatik nach geringfügiger körperlicher und/oder geistiger Anstrengung. PEM tritt unmittelbar nach einer ausgeführten Aktivität oder bis zu 48 Stunden danach auf, kann für mehrere Tage oder Wochen anhalten oder auch zu einer dauerhaften Zustandsverschlechterung führen.
Long Covid im dritten Jahr: Müdigkeit und kognitive Probleme
Risikofaktoren für PEM waren in der Studie weibliches Geschlecht, bestehende Lungenerkrankungen, wenig körperliche Aktivität vor der Pandemie und ein schwerer Verlauf von Covid-19, der eine Behandlung auf einer Intensivstation notwendig gemacht hat.
Patientinnen und Patienten mit PEM waren häufiger von Müdigkeit, kognitiven Störungen und auch Atembeschwerden wie Kurzatmigkeit betroffen.
Teilweise hatten sich die gesundheitlichen Probleme zwischen dem zweiten und dritten Jahr nach der Covid-Erkrankung sogar noch verschlechtert. "Viele gesundheitliche Probleme blieben bis zu drei Jahre nach der Entlassung bestehen, wobei sich Müdigkeit und kognitive Probleme nach eigenen Angaben im dritten Jahr verschlimmerten", heißt es wörtlich in der Studie. "Patienten mit PEM zeigten während des gesamten Nachbeobachtungszeitraums schlechte gesundheitliche Ergebnisse, einschließlich einer Verschlechterung von Müdigkeit und der auf die Gesundheit bezogenen Lebensqualität im dritten Jahr."
Long Covid: Welche Ursachen diskutiert werden
Die Ursachen von Long Covid sind nach wie vor nicht eindeutig geklärt. "Gesundheitliche Langzeitfolgen, die bei Long Covid auftreten, können grundsätzlich auch nach vielen anderen Infektionen vorkommen", heißt es auf dem öffentlichen Gesundheitsportal gesundheit.gv.at. Nach Infektionen mit dem neuen Coronavirus scheinen sie aber besonders häufig vorzukommen.
Bei der Entstehung von Long Covid scheinen mehrere Mechanismen eine Rolle zu spielen:
- Eine Autoimmunreaktion: Das Immunsystem greift nach einer Covid-19-Erkrankung möglicherweise körpereigene Zellen an.
- Lang anhaltende Entzündungen.
- Im Körper verbliebene Virusreste.
- Eine veränderte Zusammensetzung der Darmflora.
- Eine Aktivierung des Epstein-Barr-Virus (Auslöser des Pfeifferschen Drüsenfiebers, häufig verläuft die Infektion aber symptomlos). Fachleute vermuten, dass das Epstein-Barr-Virus möglicherweise die Beschwerden anderer Erkrankungen verstärken kann.
Studienautorin: "Ergebnis ist beunruhigend"
Erstautorin Julia Berentschot bezeichnet den hohen Anteil von PEM, und die Verschlechterungen, zu denen es bei einigen Patientinnen und Patienten gekommen ist, als beunruhigend, berichtet das Deutsche Ärzteblatt. Für Berentschot zeigen die Ergebnisse, dass die Covid-19-Pandemie noch nicht überwunden ist.
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