Lebenserwartung durch Corona-Krise stärker gesunken als angenommen

Medizinisches Personal kümmert sich um einen Corona-Patienten auf der Intensivstation des Universitätsklinikums Essen, Deutschland, 21. Oktober 2020.
Das zeigen Daten aus der ganzen Welt, die am US-amerikanischen Institute for Health Metrics and Evaluation ausgewertet wurden

Die Corona-Krise hat laut einer Studie die Lebenserwartung weltweit stärker sinken lassen als bisher angenommen. In den ersten zwei Pandemie-Jahren 2020 und 2021 sei die durchschnittliche weltweite Lebenserwartung um 1,6 Jahre zurückgegangen, wie die Untersuchung hunderter Wissenschafter ergab, die am Dienstag im Fachblatt The Lancet veröffentlicht wurde.

Für die Untersuchung hatten hunderte Wissenschafter Daten des in den USA ansässigen Institute for Health Metrics and Evaluation (IHME) ausgewertet. "Für die Erwachsenen in aller Welt hatte die Corona-Pandemie schwerere Folgen als alle anderen Ereignisse in einem halben Jahrhundert, darunter Konflikte und Naturkatastrophen", bilanzierte IHME-Forscher Austin Schumacher, der federführend an der Studie beteiligt war.

Viren mit "zerstörerischen" Auswirkungen

In den Jahren 2020/2021 sank der Auswertung zufolge die Lebenserwartung in 84 Prozent der 204 untersuchten Länder und Gebiete. Dies mache die "zerstörerischen" Auswirkungen neuer Viren deutlich. In den ersten beiden Corona-Jahren lag die Übersterblichkeit, also die Differenz zwischen der tatsächlichen Totenzahl und der Totenzahl, die ohne eine Pandemie zu erwarten gewesen wäre, laut der IHME-Studie weltweit bei 15,9 Millionen Todesfällen. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) war bisher von einer um eine Million geringeren Übersterblichkeitszahl ausgegangen.

Die Todesrate bei Männern und Burschen ab 15 Jahren stieg der Studie zufolge 2020/2021 um 22 Prozent und bei Frauen und Mädchen um 17 Prozent. Zu den Orten, an denen die Lebenserwartung in den Corona-Jahren am stärksten zurückging, zählen Peru, Bolivien und Mexiko-Stadt.

Der Rückgang der Lebenserwartung ist umso frappierender, als die weltweite durchschnittliche Lebensdauer in den vergangenen Jahrzehnten stetig angestiegen war. Anders als bei den Erwachsenen ging die Sterblichkeit bei kleinen Kindern unter fünf Jahren laut der IHME-Auswertung aber auch in den Corona-Jahren weiter zurück. Demnach starben 2021 weltweit etwa eine halbe Million weniger kleine Kinder als 2019.

Längerfristig betrachtet leben die Menschen trotz des Corona-Rückschlags immer noch deutlich länger als früher. Betrug die Lebenserwartung 1950 im weltweiten Durchschnitt 49 Jahre, seien es 2021 72 Jahre gewesen, erläuterten die IHME-Forscher. Die Menschheit müsse sich allerdings auf "die nächste Pandemie" vorbereiten und "die großen Ungleichheiten zwischen den Ländern bei der Gesundheitsversorgung" bekämpfen, mahnte IHME-Forscherin Hmwe Hmwe Kyu.

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