An normalen Tagen ist viel los in Bad Tatzmannsdorf. Als einziger Kurort Österreichs verfügt die 1.500-Seelen-Gemeinde gleich über drei natürliche Heilvorkommen: Moor, kohlensäurehaltiges Heilwasser und Thermalwasser. Das zieht jedes Jahr nicht nur tausende Kassenpatienten an, sondern auch private Wellnessfans, die sich in Thermenhotels oder den unzähligen, kleineren Unterkünften einquartieren.
Doch in Corona-Zeiten wirkt der Ort ausgestorben, der Hauptplatz fast menschenleer. Kein Wunder: das Reduce Gesundheitsresort hat nur eines seiner vier Kurhäuser in Betrieb. Die Cafés haben geschlossen, immerhin gibt’s bei zwei Betrieben Kaffee und Torten bzw. Pralinen „to go“.
Bei der Ankunft geht’s zum Covid-Test und dann sofort ins Zimmer. Jeder Kurgast muss für den Rest des Tages in Quarantäne. Abendessen mit Room-Service, der Kellner bringt ein 3-Gänge-Menü: Antipasti-Vorspeise, Hauptgang – wahlweise kalte Platte, Gemüse-Nudelsalat oder Krautstrudel – und natürlich Dessert.
Wer am nächsten Morgen keinen Anruf erhält, ist negativ und darf das Zimmer verlassen. Ausschließlich mit FFP2-Maske natürlich. Nach dem Frühstück (wird an der Theke gereicht) gibt es einen Pflichttermin beim Arzt. Blutdruck messen, Ausgangslage checken, dann legt der Mediziner gemeinsam mit dem Kur-Frischling fest, was die nächsten drei Wochen auf dem Programm steht: ein Stundenplan aus Therapie-Einheiten, nichts für Bequeme. „Es ist ein auf den Kurgast abgestimmter Mix aus Anwendungen mit unseren Heilvorkommen, Massagen und Strombehandlungen sowie Bewegungseinheiten wie Krafttraining, Wirbelsäulengymnastik und Nordic Walking, aber auch Mentaltraining mit Entspannungsmeditationen und Ernährungsberatung“, erklärt Tobias Conrad, ärztlicher Leiter des Gesundheitsresorts. „Da geht’s um Stressbewältigung, Burn-out-Prävention und den Umgang mit belastenden Situationen – was viele Menschen gerade dringend benötigen.“
Mitten im Lockdown von einem richtigen Kellner das Essen serviert zu bekommen, wirkt schon stimmungsaufhellend. Mittags und abends stehen – nebst Suppe, Salat und Desserts – drei Gerichte zur Auswahl: Vegan (z. B. Currys), gesundheitsbewusste Küche (Fisch, mageres Fleisch, Gemüse) und Hausmannskost für alle, die nicht auf Deftigeres verzichten wollen. Da darf am Sonntag das Schnitzerl nicht fehlen. Nicht einmal aufs Krügel müssen die Gäste verzichten: Zum Abendessen darf man im Kurrestaurant Bier (vom Fass!) und Wein bestellen.
Kuren in Corona-Zeiten: Das bedeutet viel Abstand, FFP2-Masken auch bei den Anwendungen und – Bedingungen fast wie bei einer Privatkur. Gerade einmal 100 Kurgäste sind gleichzeitig im Haus, normalerweise sind es vier Mal so viele. Dennoch ist der Zeitplan genau getaktet. 12 Minuten dauert eine Massage, 15 Minuten darf man im Moor liegen, ebenso lang im Kohlensäurebad. Ein prickelndes Erlebnis: „Die Kohlensäurebäder senken den Blutdruck und die Herzfrequenz. Das führt zu einer körperlichen und muskulären Entspannung“, sagt Conrad.
Ein Highlight ist die Wirbelsäulenstreckung im Thermalwasser: Dabei bekommt der Gast einen Gewichtsgurt um den Bauch geschnallt. Dann wird man mit dem Kopf in eine Haltevorrichtung am Beckenrand eingehängt, und der Gurt zieht den Körper nach unten. Nach 15 Minuten sanfter Streckung fühlt man sich um einige Zentimeter größer – und sehr entspannt.
Samstag Mittag beginnt das kurfreie Wochenende. Wo normalerweise gefeiert wird, ist das Leben auch hier auf Corona-Sparflamme: Spazieren gehen, Lesen, Telefonieren – oder sich – mit Abstand – auf ein Plauscherl im Kurpark treffen. Bis längstens acht Uhr abends im Kurrestaurant mit den Gästen an den Nachbartischen plaudern – das ist schon ein „Party-Highlight“ in Zeiten wie diesen.
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