Ein großes Pech
„Ich bin heute sehr dankbar und glücklich“, will Robert Stadlmeyer gesagt haben. Ihm hat das Leben nur knapp vor seinem Ruhestand, den er so sehr herbeigesehnt hatte, böse mitgespielt. Niemand konnte sich erklären, warum die Leiter unten weggerutscht ist, als er am 14. November 2016 die Fenster des Wintergartens seines Hauses reinigen wollte.
Sicher ist nur, dass er im hohen Bogen mehr als fünf Meter in die Tiefe stürzte und nach diesem Pech erst Tage später im Innsbrucker Krankenhaus auf der dortigen Intensivstation wieder zu sich kam.
Aufgrund seiner hohen Querschnittlähmung kann er seither nur mehr seinen Kopf bewegen. Kurz nach seinem Unfall erklärten Ärzte seiner Frau, dass er nie wieder atmen und nie wieder sprechen wird können. Zumindest was das Sprechen anlangt, sollten sie sich getäuscht haben.
Im Spital hätte er "nicht überlebt"
Die rund 700 Patienten, die so wie er ohne Pause beatmet werden müssen, kommen in Österreich selten bis nie vom Intensivbett im Krankenhaus wieder weg. Das hat nebenbei gesagt erst die Pandemie sehr drastisch vor Augen geführt. Mit einem Mal wurden mehr Kapazitäten für die Covid-Patienten benötigt. Bei der Betten-Analyse stieß man auch auf diese Langzeit-Fälle.
Der verunglückte Besitzer einer im Zillertal bekannten Installationsfirma wurde lange vor seinem Unfall für seine positive Lebenseinstellung und seine sportlichen Ambitionen geschätzt. Er hat auch sein Schicksal gut angenommen. Robert Stadlmeyer ist weiter aktiv: Er kann mit seinem Kinn den High-Tech-Rollstuhl, den Laptop und sein Tablet steuern.
Dennoch vergisst er nicht, sich beim Land Tirol und bei der Sozialversicherung der Selbstständigen zu bedanken. Die Intensivpflege zu Hause geht ordentlich ins Geld. Auf der anderen Seite kostet aber ein Intensivbett in einem Spital 5.000 bis 25.000 Euro – pro Tag. Nicht vergessen sollte man dabei: „In einer Intensivstation hätte ich nie bis heute überlebt.“
Mit einem langen Atem erzählt Robert Stadlmeyr seine Geschichte. Bald vergisst man, dass er auf fremde Hilfe angewiesen ist. Sein Geist ist klar, und auch sein sanftes Lächeln konnte er sich nach dem Sturz von der Leiter bewahren. Doch schon bald muss ihm wieder geholfen werden. Durch das Reden trocknet sein Mund aus, er bittet um sein Glas Wasser, das mit dem Strohhalm.
Das Glas ist bei ihm im Übrigen nie halb leer, immer halb voll. Diese Haltung mag auch seine Pflegerin. Yvonne Ricke hat ihre Ausbildung in Berlin absolviert und daran anschließend in Spitälern in Deutschland und Österreich gearbeitet. An ihrer Beschäftigung in Zell am Ziller schätzt sie vor allem „das Familiäre“. Für die Frau des Patienten, die nie von seiner Seite gewichen ist, sind sie und ihre Kollegen „zu einem Teil der Familie“ geworden. Einig sind sich alle: „Man lacht und weint auch miteinander.“
Noch kein Happy End
Das klingt nach einem Happy End und echter Harmonie, von der andere, vor allem jüngere Patienten noch weit entfernt sind. Viele von ihnen sind dort, wo sie nicht alt werden können. Ein ebenso Querschnittgelähmter hat es einmal in einem Spital so formuliert: „Hätte ich die Gelegenheit dazu, würde ich mein Leben selbst beenden.“
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