Kontaktsport: Erste Profisportlerin mit Hirnerkrankung CTE diagnostiziert
Australische Wissenschafterinnen und Wissenschafter haben den weltweit ersten Fall von chronischer traumatischer Enzephalopathie (CTE) bei einer Profi-Sportlerin diagnostiziert. Internationale Medien wie CNN und The Guardian sprechen von Auswirkungen "auf Millionen von Mädchen und Frauen hat, die Kontaktsport betreiben".
Bei einer Spielerin der Australian Football League (AFL), Heather Anderson, wurde bei einer Autopsie von Wissenschafterinnen und Wissenschaftern der "Australian Sports Brain Bank" CTE im Anfangsstadium festgestellt. Die Ergebnisse wurden im Fachblatt Acta Neuropathologica veröffentlicht.
Krankheit kommt bei Menschen vor, die Gehirnerschütterungen erlitten haben
Chronische traumatische Enzephalopathie (CTE) ist eine schwere degenerative Hirnerkrankung, die oft bei Menschen vorkommt, die viele Gehirnerschütterungen oder Schläge auf den Kopf erlitten haben. Lange war sie deshalb vor allem als Boxer-Enzephalopathie bekannt. Aber seit einigen Jahren ist klar, dass auch andere Kontaktsportarten betroffen sind, vor allem American Football.
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Viele Ex-Spieler leiden an Gedächtnisschwund, Wutausbrüchen, Depressionen oder Demenz. Bei zahlreichen Spielern wurde nach ihrem Tod CTE diagnostiziert, einige davon hatten sich das Leben genommen. Bislang wurde die Krankheit nur bei männlichen Profisportlern diagnostiziert. Da aber immer mehr Frauen Kontaktsport betreiben, werden auch sie anfälliger für CTE, so die Forschenden, zumal die Wissenschaft zeigt, dass Frauen anfälliger für Gehirnerschütterungen sind als Männer.
Teile des Frontallappens, der für Entscheidungen und Impulskontrolle wichtig ist, sind mit abgelagerten sogenannten Tau-Proteinen überzogen. Hirnventrikel - mit Hirnwasser gefüllte Hohlräume - sind erweitert. Der für das Gedächtnis wichtige Hippocampus ist geschrumpft. Und der Mandelkern, der Gefühle, vor allem Angst managt, ist stark beeinträchtigt.
"Es ist ein bisschen wie mit dem Rauchen und dem Lungenkrebs. Früher war Lungenkrebs bei Männern enorm (...) und dann begannen Frauen in gleicher Zahl zu rauchen. Dann, 20 Jahre später, gab es einen großen Anstieg von Lungenkrebs bei Frauen", sagt Studienautor Michael Buckland, Professor an der Universität von Sydney gegenüber CNN.
"Ich denke, wir stehen am Anfang der Folgen dieses Anstiegs der Beteiligung, sowohl auf Amateur- als auch auf Profiebene."
Profisportlerin starb im Alter von 28
Heather Anderson begann im Alter von fünf Jahren Australian Football zu spielen. In ihrer Profikarriere absolvierte sie in der Saison 2017 acht Spiele für den AFL-Klub Adelaide Crows, bevor sie eine Schulterverletzung erlitt, die ihre sportliche Karriere beendete. Im November 2022 starb sie unerwartet im Alter von 28 Jahren.
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Anderson war bekannt dafür, auf dem Spielfeld einen leuchtend rosa Helm zu tragen, damit ihre Mutter, die schlecht sah, sie beim Spielen erkennen konnte. Expertinnen und Experten sagen zwar, dass Helme und Stirnbänder zwar Schädelfrakturen verhindern können. Sie verhindern aber nicht, dass sich das Gehirn im Schädel bewegt, wenn jemand getroffen wird.
Während ihrer Karriere als Profisportlerin erlitt Anderson eine bestätigte Gehirnerschütterung. Nach Angaben ihrer Familie, die ihr Gehirn spendete, um die Ursachen ihres Todes besser verstehen zu können, erlitt sie vier weitere mutmaßliche Gehirnerschütterungen.
Den Studienautorinnen und -autoren der "Australian Sports Brain Bank" zufolge war bei Anderson kein Missbrauch von Alkohol oder Medikamenten bekannt. In den Monaten vor ihrem Tod zeigte sie zudem keine Anzeichen von Depression oder ungewöhnlichem Verhalten.
Selbstmord nicht auszuschließen
"Es liegen zwar keine ausreichenden Daten vor, um Schlussfolgerungen über einen Zusammenhang zwischen CTE und der Art des Todes zu ziehen, doch sind Selbstmordtode in den Kohorten, in denen bei der Autopsie nach CTE gesucht wird, nicht ungewöhnlich", schreiben die Forschenden.
Laut dem Studienautor Buckland zeige Andersons CTE-Diagnose, dass auch Kontaktsportarten für Frauen ausgefeilte Pläne bräuchten, um Spielerinnen besser vor gefährlichen Kopfverletzungen zu schützen.
"Ich denke, dass kein Kind vor der High School eine Kontaktsportart ausüben sollte", sagte er gegenüber CNN. Weitere Möglichkeiten zur Verringerung des Risikos seien Einschränkung des Kontakts während des Trainings, die Beschränkung auf eine Kontaktsportart und eine Auszeit nach einem Spiel, wenn ein Spieler oder eine Spielerin getroffen wurde, sagte er.
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