Neue Ansätze: Wie Kochen psychotherapeutisch wirken könnte

Zwei Frauen bereiten gemeinsam Gemüse in einer Küche zu.
Sich auf einfache Arbeitstechniken in der Küche zu konzentrieren, findet ausgehend von den USA zunehmend Interesse für therapeutische Interventionen.

Bei Wut oder Sorgen Teig kneten –  und diesen fest auf die Arbeitsfläche schlagen: Das bringt nicht nur die richtige Konsistenz für Strudelteig, sondern hilft auch, negative Emotionen abzubauen. Die Küche für therapeutische Ansätze zu nutzen ist ein Trend, der in den USA, Kanada und Großbritannien zunehmend Anhänger findet. 

Seit kurzem gibt es ein kleines Netzwerk über den Atlantik hinweg: Therapeutinnen, Köche und andere Fachleute tauschen sich im "Therapeutic Kitchen Collective" aus.

Die Zugänge sind dabei durchaus unterschiedlich. Ähnlich der Kunst- oder Tiertherapie sollen etwa während der konzentrierten Beschäftigung mit Lebensmitteln statt dem Kreisen um Probleme neue Verhaltensmöglichkeiten entdeckt werden. 

Ein nicht unwesentlicher Aspekt ist der niederschwellige Zugang, der mit einem Küchen-Setting zu Therapiezwecken geschaffen wird. Wieder andere sehen in Koch- oder Küchentherapien eher eine Technik denn eine eigenständige Therapie.

Therapieansatz, der Emotionen weckt

Wer gerne kocht, wird diesen Therapieansatz auch ohne emotionale Tiefen gut verstehen. Der Kosmos Küche und Essen birgt außerdem für die meisten positive Kindheitserinnerungen – an Gerüche, Speisen und Geschmäcker. Psychologisch gesehen sind Kochen und Essen mit Wohlgefühlen verbunden. Das regt unter anderem die Produktion von Botenstoffen wie Serotonin und Dopamin an, die für das Wohlbefinden und Glücklichsein ausschlaggebend sind, betonen Expertinnen und Experten in der New York Times

In einer Meta-Analyse mehrerer Studien fanden Forschende der National Institutes of Health in den USA schon 2017 heraus, dass Kochen den Selbstwert stärken und Stress und Angstzustände reduzieren kann.

Die bisher praktizierten Ansätze der Therapien sind unterschiedlich. Manche Therapeutinnen und Therapeuten nutzen die Beschäftigung mit Lebensmitteln als zur gezielten Fokussierung auf Probleme. Die New Yorker Therapeutin Debra Borden sieht etwa Oliven das ideales Symbol für innere Konflikte: Der Kontrast zwischen weichem Fleisch und hartem Kern lasse sich gut therapeutisch nutzen. Borden kombiniert in ihren Stunden Elemente aus der klassischen kognitiven Verhaltenstherapie dazu. Dabei sollen die Klientinnen und Klienten negative Verhaltensmuster erkennen und lernen, diese zu verändern. Sie kocht entweder mit ihren Klienten in deren Küchen zuhause oder schaltet sich per Videocall zu.

Keine anerkannte Psychotherapieform, weil Wirkbelege fehlen

Für Kritiker ist die relativ junge Therapieform noch zu wenig erforscht, um als eigenständige Anwendung gelten zu können. Dafür spricht, dass es keinen einheitlichen Namen gibt. Die einen bieten "Küchentherapie" an, die anderen nennen es "Kochtherapie" oder sogar "kulinarische Kunsttherapie". 

Nicht unerwähnt sollte bleiben, dass es sich um keine etablierte, anerkannte Therapieform handelt. Dafür fehlen Forschungsergebnisse über die Wirksamkeit. Ebenso seien Lebensmittelsicherheit und Hygiene sowie eine potenzielle Selbstgefährdung der Klientinnen und Klienten, etwa durch Messer, Punkte, die berücksichtigt werden müssen. 

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