Das heißt, es gibt immer eine Art Einstiegsdroge, die gesteigert wird?
Warum sie dort landen und nicht etwa bei anderen Randbereichen der Pornografie, schauen wir uns in der Therapie genau an. Aber ohne Pornografiesucht wären sie mit großer Sicherheit nicht bei diesen Bildern gelandet. Es ist nicht selbstverständlich, dass Hands-Off Täter (ohne reale Berührung) zu Hands-On-Tätern werden. Umgekehrt: Erwischt man Männer, die in der realen Welt Kinder missbrauchen ("Hands-on-Delikt"), findet man auf ihren Rechnern auch sehr oft Kindesmissbrauchsmaterial.
Gibt es Zahlen?
In manchen der genannten Zahlen wird kein Unterschied zwischen vor- und nachpubertärer Erregbarkeit gemacht. Das ist problematisch, denn die Unterscheidung ist wichtig. Man geht davon aus, dass jeder 500. Mann kernpädophil ist, also ausschließlich über Kinder erregbar. In einer Studie aus Deutschland wurden 2016 8.700 Männer online befragt, da gaben vier Prozent der Männer an, auch von vorpubertären Kindern erregt zu werden. Eine kanadische Studie schloss übrigens Frauen ein: 0,8 Prozent fanden vorpubertäre Kinder sexuell erregend.
Haben die Fälle zugenommen?
Man sieht Zunahmen bei den Missbrauchsbildern und Videos. Die Polizei hat auf diesem Gebiet mittlerweile Spezialisten und sehr gute Methoden und Techniken, Missbrauch aufzudecken. Der Hands-on-Bereich ist relativ stabil, aber die Dunkelziffer ist sehr hoch.
Wie läuft denn eine Therapie ab?
Das Programm dauert mindestens zwei Jahre, meistens drei. Begonnen wird mit einem persönlichen Teil, wo es um Vor- und Nachteile und Motivation für das Verhalten geht. Ebenso, welche Funktion der Konsum von Missbrauchsmaterial haben könnte. Wichtig ist auch der sogenannte Missbrauchszyklus, wann eine Erregungskurve startet. Meist ist das nicht erst vor dem Computer der Fall, sondern ein Ärger oder ein anderes Ereignis während des Tages. Je früher das Bewusstsein dafür, desto leichter ist der Ausstieg. Im zweiten Teil geht es um das Gegenüber, die Opferempathie. Wie die Wirklichkeit dieser Kinder ausschaut usw. Das ist ein intensiver Teil. Im dritten Teil werden Erfahrungen aus den früheren Teilen zu individuellen Rückfallplänen verbunden: Was hilft mir, etwas zu vermeiden oder es zu ersetzen? Das Ziel einer Therapie ist, keine kindesmissbräuchlichen Handlungen mehr zu setzen.
Ist das erfolgreich?
Ich habe viele Männer in Therapie, die ihre pädophilen Gedanken nicht ausleben. Ihnen hilft die Therapie sehr gut als Vorbeugung. Bei Hands-off-Delikten liegt die Rückfallquote bei Sexualstraftätern ohne Therapie bei 22 Prozent. Mit Therapie sinkt diese Quote auf 3,9 Prozent. Rückfälle werden erst nach einer Zeit nach dem Delikt wieder häufiger, denn allein die Entdeckung und die strafrechtliche Verfolgung löst große Scham aus.
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