Substanz aus halluzinogenen Pilzen: Wie Krebspatienten profitieren könnten

Experimente mit psychedelischen Pilzen sollen Aufschluss über ihr medizinisches Potenzial geben.
Schon seit Jahren wird zum therapeutischen Einsatz von Psilocybin, einer psychoaktiven Substanz, die in bestimmten Pilzarten vorkommt, bei psychischen Störungen geforscht. Etwa zur Behandlung von Depressionen, Suchterkrankungen, Angstzuständen oder posttraumatischen Belastungsstörungen.
Eine neue Studie legt nun einen potenziellen Nutzen der Substanz bei Krebspatientinnen und -patienten nahe, die auch unter Depressionen und Angstzuständen leiden. Bekannt ist: Krebs bedroht nicht nur den Körper, er ist auch belastend für die Psyche, wie Studien zeigen. Anpassungsschwierigkeiten, Angst und Depressivität sind die drei häufigsten psychischen Probleme, mit denen Krebspatientinnen und -patienten zu kämpfen haben.
25-Milligramm-Dosis zeigte Effekte
Im Zuge der aktuellen Studie konnte die Gabe von Psilocybin depressive und angstbezogene Symptome lindern. In der Untersuchung erhielten 28 Krebspatientinnen und -patienten eine 25-Milligramm-Dosis Psilocybin – entweder vor, während oder nachdem sie psychologisch-psychotherapeutische Unterstützung bekommen hatten.
Bei klinischen Interviews, die zwei Jahre später durchgeführt wurden, zeigte sich bei 15 Patientinnen und Patienten eine deutliche Verringerung ihrer depressiven Symptomatik. Bei 14 Studienteilnehmenden hielt die Besserung dauerhaft an. Ähnlich wirkte Psilocybin auch bei Angstzuständen.
"Eine einzige Dosis Psilocybin in Kombination mit psychologischer Unterstützung zur Behandlung von Depressionen hat bei einem erheblichen Teil der Krebspatientinnen und -patienten eine langfristig positive Wirkung – und zwar bis zu zwei Jahre lang", wird Manish Agrawal, Hauptautor der Studie und Gründer des privaten Unternehmens Sunstone Therapies, das sich der Forschung zum medizinischen Einsatz von Psychedelika widmet, in einer Aussendung zitiert. "Wenn sich diese Ergebnisse in randomisierten Studien bestätigen, könnte dies zu einer breiteren Anwendung von Psilocybin zur Behandlung von Depressionen bei Krebspatienten führen."
"Potenziell paradigmaverändernde Alternative"
In einer noch laufenden, auf der Einzeldosis-Studie aufbauenden Studie wird derzeit die Wirkung von bis zu zwei 25-Milligramm-Dosen Psilocybin im Vergleich zu einem Placebo als Behandlung von Depressionen und Angstzuständen bei Krebspatientinnen und -patienten untersucht. Die bereits gewonnenen Ergebnisse würden jedenfalls "auf eine potenziell paradigmaverändernde Alternative zu herkömmlichen Antidepressiva hindeuten, die weiter untersucht werden muss", schreibt die Forschungsgruppe um Agrawal im Fachblatt Cancer der Amerikanischen Krebsgesellschaft.
Aus festgefahrenen Gedankenmustern ausbrechen
Psilocybin gehört zur Gruppe der Psychedelika. Das sind Substanzen, die die Art und Weise verändern, wie Menschen die Welt um sich wahrnehmen. Psychedelika können laut Studien auch die Kommunikation zwischen verschiedenen Hirnarealen verändern, was dazu führen kann, dass Informationen aus der Umwelt anders verarbeitet werden.
Angenommen wird, dass dies therapeutisch vorteilhaft sein könnte, weil es Patientinnen und Patienten erlaubt, etwa aus festgefahrenen Gedankenmustern auszubrechen oder schädliche Kommunikationsmuster abzulegen. Auch positive Wirkungen auf die Neuroplastizität – sie ermöglicht es, neue Dinge zu lernen –, Emotionsverarbeitung, Selbstwahrnehmung und Einsichten in dysfunktionale Verhaltensweisen sind laut Fachleuten denkbar.
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