Grippewelle in Österreich könnte in vier bis sechs Wochen starten

Die Corona-Impfpflicht befeuerte Verschwörungstheorien.
Mediziner befürchten frühe und starke Grippewelle: Sie empfehlen das Tragen von Masken und befrüchten, dass sich manche mit Grippe und Covid-19 gleichzeitig anstecken.

Angesichts von Corona, Grippe und weiteren Erkältungskrankheiten haben Medizinerinnen und Mediziner am Montag zur Einhaltung von Hygienemaßnahmen und zu Impfungen aufgerufen. Aktuell sind viele Leute schwer verkühlt, beruhigen aber ihre Umgebung mit den Worten: "Ich bin Coronavirus-getestet und negativ", berichtete die Virologin Monika Redlberger-Fritz Montag bei einer Pressekonferenz.

"Ich möchte aber deren Krankheiten nicht haben, egal wie sie heißen", sagte sie.

Erkrankte Menschen sollten verantwortlich handeln und andere nicht anstecken. Dies könnte man durch Impfungen und Maskentragen verhindern. "Die FFP2-Maske muss daher gesellschaftsfähig sein", forderte Redlberger-Fritz.

Laut Abwasser sind Infektionzahlen dreimal höher

Derzeit sind laut Abwasseranalysen die tatsächlichen Infektionszahlen mit SARS-CoV-2 dreimal höher, als die Tests zeigen, sagte Rudolf Schmitzberger von der Österreichischen Ärztekammer: "Es wäre deshalb grob fahrlässig, das Maskentragen und Testen weiter herunterzufahren".

Diese Maßnahmen würden die Ärzte zusätzlich zu den Impfungen als "essenziell erachten, damit wir gut über die nächsten Monate kommen". An den Gesundheitsminister appellierte er, durch Verordnungen die "laxen Hygienemaßnahmen" wieder zu verbessern. "Zum Beispiel in öffentlichen Verkehrsmitteln und bei Veranstaltungen sollte eine österreichweite FFP2-Maskenpflicht wieder angedacht werden", meinte er.

Empfehlung zu Kinderimpfungen

Die europäische Arzneimittelbehörde (EMA) habe kürzlich die Covid-19 Impfung für Kinder ab sechs Monaten zugelassen. "Wir sind in Österreich sehr glücklich, dass dies nun formal durch die Zulassungsbehörde gedeckt ist", erklärte der Mediziner. Ob sie vom Nationalen Impfgremium (NIG) für alle Kinder oder nur Risikofälle empfohlen wird, entscheide sich in den kommenden Tagen, sagte Maria Paulke-Korinek von der Abteilung für Impfwesen des Gesundheitsministeriums.

Sie berichtete, dass sich aufgrund des starken Fokus auf die Covid-19-Pandemie Impflücken bei anderen Krankheiten wie Masern, Polio (Kinderlähmung), Diphtherie, FSME und Keuchhusten aufgetan haben. "Im Zweifelsfall sollte man beim Arzt des Vertrauens schauen lassen, ob Impflücken bestehen und gegebenenfalls Impfungen nachholen lassen", sagte Schmitzberger.

Guter Zeitpunkt für Grippeimpfung

Heuer suchte eine sehr zeitige und starke Welle der echten Grippe (Influenza) Australien im dortigen Winter heim, berichtete Monika Redlberger-Fritz, die am Zentrum für Virologie der Medizinischen Universität Wien arbeitet.

Es gäbe Signale, dass dies nun auf der Nordhalbkugel passieren wird: "Normalerweise gibt es die ersten nicht reiseassoziierten Influenza Fälle erst ab Ende November oder im Dezember, nun sind sie zeitverschoben schon früher aufgetreten", sagte sie. Man müsse deshalb damit rechnen, dass im Vergleich zu früheren Jahren eine zeitlich vorverschobene Grippewelle in vier bis sechs Wochen startet.

"Dementsprechend ist jetzt ein guter Zeitpunkt für die Impfung", erläuterte sie.

Gefahr von Doppelinfektion

Weil die Maßnahmen gegen die Covid-19-Pandemie in den beiden vergangenen Saisonen die Influenzawellen ausfallen ließen oder stark abflachten, sei mit einer umso stärkeren Welle zu rechnen, wenn die Hygienemaßnahmen abflauen, betonte Redlberger-Fritz: "Wann immer es eine starke Welle gab, folgte eine flache, wenn sie aber ausfiel, folgte im nächsten oder spätestens übernächsten Jahr eine sehr starke Welle, die besonders früh ankam".

Genau dies sei heuer in Australien geschehen und in Europa zu befürchten.

Wenn gleichzeitig Corona- und Influenzawellen auftreten, sind auch vermehrt Doppelinfektionen möglich, erklärte die Medizinerin. Diese hat man mit dem Kunstwort "Flurona" belegt. "Es handelt sich dabei um eine zeitgleiche Infektion mit zwei unterschiedlichen Viren", sagte sie.

Solch eine Doppelinfektion würde das Risiko für einen nötigen Intensivstations-Aufenthalt sowie eine notwendige Beatmung im Vergleich zu einer einfachen Infektion verdoppeln. "Wir sollten also verhindern, dass alles zeitgleich stattfindet", sagte sie: Und zwar durch Impfungen und Hygienemaßnahmen wie dem Tragen von FFP2-Masken.

"Den Österreicherinnen und Österreichern stehen umfangreiche Schutzimpfungen zur Verfügung, die mit Bedacht auf die eigene Gesundheit auch wahrgenommen und genutzt werden sollen", betonte auch Alexander Herzog, Generalsekretär des Verbands der pharmazeutischen Industrie (Pharmig).

"Jeder Erkrankungsfall ist einer zu viel, vor allem wenn er durch eine Impfung vermeidbar ist."

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