"Grund zur Sorge": E-Zigaretten und Nikotinbeutel bei Jugendlichen immer häufiger

"Grund zur Sorge": E-Zigaretten und Nikotinbeutel bei Jugendlichen immer häufiger
14- bis 17-Jährige greifen zwar weniger zu Zigaretten und Alkohol. E-Zigaretten und Nikotinbeutel bergen aber ebenso Abhängigkeitspotenziale und schädigen die Gesundheit.

Das Konsumieren von E-Zigaretten hat das Rauchen herkömmlicher Zigaretten bei Jugendlichen überholt – das zeigen die Ergebnisse der aktuellen internationalen ESPAD-Erhebung (European School Survey Project on Alcohol and Other Drugs), an der 37 europäische Länder teilnehmen.

In Österreich wurden insgesamt 7.735 Jugendliche der neunten und zehnten Schulstufe im Alter von 14 bis 17 Jahren befragt.

Zwischen 2003 und 2024 sank der Konsum herkömmlicher Zigaretten in den letzten 30 Tagen von 49 Prozent auf 23 Prozent der Befragten. Im gleichen Zeitraum hat sich die Nutzung von E-Zigaretten vervierfacht (von 7 % auf 29 %). Erstmals gaben Jugendliche an, dass sie erste Konsumerfahrungen häufiger mit E-Zigaretten als mit herkömmlichen Zigaretten machen. 

„Diese Entwicklung ist ein Grund zur Sorge, weil wir fürchten müssen, dass junge Menschen, die mit der E-Zigarette beginnen, später konventionelle Raucher werden. Sogenanntes Mischrauchen oder hybrides Rauchen, das heißt die Kombination herkömmlicher Zigaretten mit E-Zigaretten, sorgt für eine hohe Nikotinzufuhr und Abhängigkeitspotenzial“, betont Bernd Lamprecht, Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie (ÖGP).

E-Zigaretten sind keine "gesunde Alternative"

Sechs von zehn Befragten haben in ihrem Leben schon mindestens einmal Zigaretten, E-Zigaretten, Nikotinbeutel, Wasserpfeifen und Tabakerhitzer konsumiert. Mehr als ein Drittel (37 %) in den letzten 30 Tagen. Jeder fünfte Jugendliche (18%) nutzt zumindest eines dieser Produkte täglich oder fast täglich.

Jugendlicher Tabak- und Nikotinkonsum verteilt sich zunehmend auf unterschiedliche Produkte: Konsumerfahrungen im letzten Monat sind sowohl in Bezug auf Zigaretten (23%), E-Zigaretten (29%) als auch Nikotinbeutel (17%) weit verbreitet. Zwei Drittel aller Konsumierenden geben an, in den letzten 30 Tagen mehr als nur eines dieser Produkte konsumiert zu haben. Besonders häufig ist die Kombination aus herkömmlichen Zigaretten und elektronischen Inhalationsprodukten wie E-Zigaretten und Tabakerhitzern. 

Besonders zu E-Zigaretten gebe es noch unzureichende Informationen, wie sich das Dampfen langfristig auswirke. „Beobachtungen zeigen, dass die Selbstreinigungsfunktion der Atemwege unter dem kontinuierlichen Bedampft werden leidet, wodurch die Infektionsgefahr erhöht sein kann. Unverstanden sind bisher auch die Auswirkungen der Aromastoffe – wie sie sich auf die Bronchien auswirken, ist nicht untersucht“, so Lamprecht. Zudem seien viele Varianten nikotinhaltig. „Viele Anwender wissen vielleicht nicht genau, welches Produkt sie in Händen halten, ob es Nikotin enthält oder nicht, manche denken, E-Zigaretten seien gesünder als herkömmliche Zigaretten – das kann man aber nicht behaupten, sie sind keine 'gesunde Alternative'“, sagt Lamprecht. 

Anstieg bei Konsum von Nikotinbeuteln

Auch beim Konsum von Nikotinbeuteln ist ein Anstieg zu beobachten: Elf Prozent der befragten Burschen sowie fünf Prozent der Mädchen konsumieren diese täglich. Lamprecht: „Über Nikotinbeutel können relativ große Nikotinmengen zugeführt werden. Dies kann lokale Auswirkungen auf die Mundschleimhaut haben – es kann zu Rötungen, Reizungen und offenen Stellen kommen sowie zu Zahnfleischentzündungen. Nikotinbeutel haben zudem ein hohes Abhängigkeitspotenzial, auch, weil sie an Orten verwendet werden können, wo klassisches Zigarettenrauchen nicht möglich ist.“ 

Da das Nikotin in den Beuteln ein synthetisch erzeugtes ist, fallen die Produkte nicht unter das Tabakgesetz und können auch von unter 18-Jährigen gekauft werden. Lamprecht spricht sich für eine bundesweite Altersbegrenzung aus, um Abhängigkeiten nicht zu unterstützen. „E-Zigaretten bergen im Jugendalter ein hohes Gefahrenpotenzial, mit dem Rauchen herkömmlicher Zigaretten zu beginnen. Eine Altersbegrenzung könnte viele junge Menschen schützen“, so der Lungenexperte.

Alkohol: Trend zu Verzicht bei Jugendlichen

Hinsichtlich Alkohol zeigt die Erhebung, dass sechs von zehn Jugendlichen in den vergangenen 30 Tagen Alkohol konsumiert haben. Jeder Fünfte konsumiert regelmäßig, also mindestens sechsmal pro Monat, oder berichtet von einer starken Berauschung innerhalb dieses Zeitraums. Langfristig zeigt sich ein Trend zum Verzicht auf Alkohol: Zwischen 2007 und 2024 hat sich der Anteil der Jugendlichen, die noch nie Alkohol konsumiert haben, vervierfacht und der Anteil der Jugendlichen, die in den letzten 30 Tagen keinen Alkohol konsumiert haben, verdoppelt. 

Beim Cannabiskonsum zeigt sich, dass 18 Prozent der 14- bis 17-Jährigen schon mindestens einmal Erfahrung damit gemacht haben. Jeder Siebte hat in den vergangenen zwölf Monaten konsumiert, sieben Prozent innerhalb der letzten 30 Tage. Damit bleibt der Konsum von Cannabis über die letzten 20 Jahre weitgehend stabil. Darüber hinaus experimentieren Jugendliche auch mit anderen Substanzen wie Schnüffelstoffen, der Kombination aus Alkohol und Medikamenten oder Lachgas. Meist handelt es sich hierbei jedoch um gelegentliches Probieren und nicht um einen regelmäßigen Konsum.

Computerspiele betreffen eher Burschen

Zehn Prozent der befragten Schüler haben bereits Erfahrungen mit Glücksspielen gesammelt, wöchentliches Glücksspiel ist jedoch selten. Digitale Spiele spielen hingegen ein Drittel der Jugendlichen täglich, Burschen häufiger als Mädchen. Während Burschen öfter von einer problematischen Nutzung von Computerspielen berichten, geben Mädchen häufiger an, Soziale Medien in problematischer Weise zu nutzen.

Ein Viertel der befragten Jugendlichen zeigt ein niedriges Wohlbefinden, und zehn Prozent weisen Anzeichen einer hohen psychischen Belastung auf, wobei Mädchen häufiger betroffen sind als Burschen. Jugendliche mit psychischen Belastungen neigen zudem verstärkt zu suchtbezogenen Konsum- und Verhaltensweisen. Auch der zunehmende Konsum von Schlaf- und Beruhigungsmitteln deutet auf die wachsende Bedeutung psychischer Belastungen hin, wie im Bericht für Österreich festgestellt wird.

Kommentare