Durch Corona: Jetzt auch ein Engpass an Affen für die Forschung

Durch Corona: Jetzt auch ein Engpass an Affen für die Forschung
In der Pandemie sind Affen für die biomedizinische Forschung stark nachgefragt. Aber eine Quelle für Europa und die USA ist versiegt.

Versuchsaffen für die Forschung kosten viel Geld, ihr Einsatz ist ethisch umstritten, und doch werden sie in der medizinischen Forschung oft als unverzichtbar angesehen. In der Corona-Pandemie ist der Bedarf an Primaten sowohl in der akademischen als auch in der Pharmaforschung gewachsen. Doch eine wichtige Quelle für die USA und Europa ist versiegt: Seit China nach dem Beginn der Corona-Pandemie Wild- und Versuchstierexporte stoppte, werden auch keine Affen für Forschungszwecke mehr ins Ausland verkauft. Bis Jänner 2020 stammten nach Angaben der Stiftung für Biomedizinische Forschung in Washington etwa 60 Prozent aller in die USA importierten Affen für Forschungszwecke aus China.

Wissenschaftler befürchten Konsequenzen für die Zulassung neuer Medikamente und Impfstoffe.

Alternativen in der Forschung

„Was auf dem Spiel steht, ist eigentlich ziemlich klar: Sie brauchen diese Tiere, um fast alle Medikamente - auf jeden Fall alle Impfstoffe, über die wir jetzt reden - auf ihre Sicherheit und Wirksamkeit hin zu testen“, sagt Stefan Treue. Der Professor ist Sprecher der Informationsplattform „Tierversuche verstehen“ und Direktor des Deutschen Primatenzentrums (DPZ). „Wenn es nicht genug Tiere gibt, werden bestimmte Studien nicht durchgeführt werden können.“

Andererseits gilt auch: Corona hat die Entwicklung alternativer Methoden zu Tierversuchen befeuert. Forscher arbeiten an künstlichen Organmodellen, Computersimulationen und bildgebenden Verfahren, um im Kampf gegen das Virus voranzukommen. So lassen sich Versuche mit Lungen- oder Darmgewebe auf speziellen Chips vornehmen, wie der Neurobiologe Roman Stilling von „Tierversuche verstehen“ kürzlich erläuterte. „Mit diesen Instrumenten wurden und werden schon wichtige Erkenntnisse gewonnen - doch sie können das Immunsystem eines Gesamtorganismus derzeit noch nicht vollständig ersetzen.“

Zellkulturen oder im Reagenzglas

Der größte Teil der medizinischen Forschung, auch bei Corona, findet demnach ohnehin schon mit Zellkulturen oder im Reagenzglas statt. Dilyana Filipova vom Verein Ärzte gegen Tierversuche bedauert, dass das staatliche Fördersystem in Deutschland diesen Trend nicht unterstütze. „Die Entwicklung tierversuchsfreier Forschung wird mit einem Prozent aller Gelder abgespeist.“

Das Primatenzentrum in Göttingen - eine außeruniversitäre, öffentlich geförderte Forschungseinrichtung - züchtet die meisten Tiere, die es für die Grundlagenforschung braucht, selbst und stellt diese auch anderen akademischen Forschungseinrichtungen in Deutschland zur Verfügung. Das macht das DPZ weitgehend unabhängig.

Dennoch sind die Auswirkungen durch den Exportstopp der Chinesen zu spüren. „Weil durch die Forschung im Zusammenhang mit Corona natürlich auch unser Bedarf gestiegen ist“, sagt Treue. „Normalerweise hätten wir in so einem Fall zusätzliche Tiere für unsere Forschung importiert, das ist im Moment aber nicht möglich.“ Auch im Fortpflanzungszyklus sind die Affen den Menschen ähnlich - deshalb können die Zuchtzahlen nicht einfach von heute auf morgen erhöht werden.

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