Chronisch-venöse Insuffizienz: Was die Krankheit für Donald Trump bedeutet

Donald Trump bei einer Rede.
Bei der Erkrankung ist die Funktion der Beinvenen beeinträchtigt. Infolgedessen kann Blut nicht mehr gut zum Herzen transportiert werden. Donald Trump zeigt laut einem Experten nicht unbedingt typische Symptome.

In den vergangenen Wochen kursierten mehrfach Bilder von Donald Trumps sichtbar geschwollenen Beinen. So waren etwa auf Fotos vom kürzlich in den USA ausgetragenen Finale der FIFA Klub-Weltmeisterschaft die bamstig wirkenden Knöchel und Waden des US-Präsidenten deutlich zu erkennen.

Am Donnerstag meldete sich das Weiße Haus diesbezüglich zu Wort: Umfassende Untersuchungen hätten ergeben, dass Trump an chronisch-venöser Insuffizienz leide.

Was versteht man unter der Diagnose – und sind Trumps Beschwerden tatsächlich typisch dafür?

Wenn die Beinvenen das Blut nicht mehr effizient zum Herzen leiten

Bei einer chronisch-venösen Insuffizienz, oft als Venenschwäche bezeichnet, "können die Beinvenen das Blut nicht mehr effizient zum Herzen zurücktransportieren", erklärt Philippe Bull, Gefäßchirurg und Spezialist für Venenerkrankungen. 

Dadurch staut sich das Blut in den unteren Beinen, Schwellungen – insbesondere im Bereich der Füße und Knöchel –, und Krampfadern können die unmittelbare Folge sein. "Bleibt die Veneninsuffizienz unbehandelt, kann es im Verlauf zu Hautveränderungen kommen, genauer gesagt offenen Wunden an den Beinen, die schlecht heilen", sagt Bull. Weil sich das Blut in den Beinen staut, steigt der Druck auf die Haut. "Sie wird dünner, man sieht die Venen dunkelblau oder schwarz durchschimmern – langfristig kann es zu Blutungen oder Geschwüren kommen." 

Das Überwinden der Schwerkraft, um das Blut von den Füßen bis zum Herzen zu pumpen, ist für die Beinvenen eine Herausforderung. "Die Venen sind deswegen mit Klappen ausgerüstet, die verhindern, dass das Blut zurückfließt", schildert Bull. "Beim gesunden Menschen fließt das Blut von der Oberfläche in die tieferen Transportvenen. Wenn der Druck etwa wegen beschädigter Venenklappen zu groß wird, können die Transportvenen das Blut nicht mehr halten und es fließt nach außen, was die Schwellungen verursacht."

Beidseitige Schwellung eher untypisch bei Venenerkrankungen

Allerdings betont Bull, dass eine beidseitige Schwellung an den Knöcheln "nicht unbedingt typisch für eine Venenerkrankung ist". Zwar könne eine beidseitige Schwellung auch bei Veneninsuffizienz vorkommen, häufiger seien aber einseitige, oder einseitig ausgeprägtere, Schwellungen. Eine Schwellung beider Beine könne laut Bull auch für Beteiligung des Herzens, zum Beispiel im Rahmen einer Herzschwäche, oder gegebenenfalls eine medikamentöse Nebenwirkung sprechen. Wenn die Pumpleistung des Herzens schwächelt, "schwellen meist beide Beine an, weil die der Blutfluss zentral beeinträchtigt ist", präzisiert Bull. 

Aus dem Weißen Haus hieß es, im Zuge der Untersuchungen sei auch ein Herz-Ultraschall durchgeführt worden. Dieser habe auf keine Herz- oder auch Nierenprobleme schließen lassen.

Wie eine Veneninsuffizienz entstehen kann

Oft werden auch Schmerzen und Schweregefühle mit einer Venenschwäche in Verbindung gebracht. "Das sind keine klassischen Symptome, denn an und für sich verursachen Venen keine Schmerzen, im Gegenteil: Sie sind schmerzunempfindlich." Eine Ausnahme sei die Venenentzündung, die sehr wohl schmerzhaft sein kann, mit einer Venenschwäche aber nichts zu tun hat.

Grundsätzlich unterscheidet man zwei Entstehungsarten: "Die chronische Veneninsuffizienz wird durch Immobilität und Übergewicht verursacht", erklärt Bull. "Unsere Venen brauchen Aktivität und die umgebende Muskulatur, um gut funktionieren zu können. Wenn Bewegungsarmut und Übergewicht bzw. ungesunde Ernährung zusammenkommen, verhindert das, dass das Blut ordentlich fließt." Nikotin habe eher schädigende Wirkungen auf die Arterien, übermäßiger Alkoholkonsum führe, wenn überhaupt, indirekt zu einer Verschlechterung der Symptomatik. Trump sei für seinen inaktiven Lebensstil bekannt, sagt Bull. Die Diagnose der chronischen Veneninsuffizienz durchaus plausibel.

Davon zu unterscheiden sei eine genetisch bedingte Bindegewebsschwäche. "Hier können nach einer Schwangerschaft oder durch den natürlichen Alterungsprozess Venenkrampfadern im Bein entstehen. Die Venen können das Blut nicht mehr gut halten, erweitern sich und bauen sich traubenartig aus." Übergewicht und Bewegungsmangel spielen hier meist keine große Rolle.

Ultraschalluntersuchung zur Diagnose

Bemerkt man eine ungewöhnliche Schwellung an den Beinen, sollte man einen Arzt oder eine Ärztin aufsuchen, betont Bull. "Dann wird angeschaut, welches Bein und welches Segment genau betroffen sind. Es werden Lebensstilfaktoren abgefragt sowie die Medikamenteneinnahme." In Kombination mit Schmerzen kann ein Ödem hinter der Schwellung stecken. In Kombination mit einer Rötung und Überwärmung an den Gelenken ist das Vorliegen einer rheumatischen Erkrankung denkbar. 

Die Diagnose der Veneninsuffizienz wird mit einer Ultraschalluntersuchung gestellt. "Hier kann man gut beobachten und beurteilen, ob und wie gut das Blut in den Venen zurückfließt."

Stützen und trainieren

Steht die Diagnose Veneninsuffizienz fest, ist die Kompression das erste Mittel der Wahl. "Unterschenkelstrümpfe stützen das Gewebe, die Muskulatur und die Venen." Konservative Maßnahmen umfassen zudem Bewegung (vor allem Gehen) und Venentraining zur Funktionsverbesserung der Venen – bekannte Übungen sind die Fußwippe oder der Zehenstand. "Auch Kneippkuren, also Kaltwasseranwendungen, welche die Blutzirkulation ankurbeln, sind wirksam."

Beim Einsatz von Medikamenten ist Bull zurückhaltend. "Ich glaube, dass physiologische Maßnahmen effektvoller sind, aber es gibt Nahrungsergänzungsmittel aus Extrakten der Rosskastanie oder Weinblättern, die man kurzfristig einsetzen kann." Eine defekte Venenklappe chirurgisch zu reparieren sei schwierig und werde "nur selten gemacht".

Auffällig waren zuletzt auch blaue Flecken auf Trumps Handrücken. Laut Weißem Haus eine Folge von intensivem Händeschütteln sowie eine Nebenwirkung seiner Aspirin-Einnahme. Seit Jahren nimmt der 79-Jährige täglich Acetylsalicylsäure zu sich, um einem Herzinfarkt oder Schlaganfall vorzubeugen. Die blutverdünnende Nebenwirkung des Schmerzmittels ist bekannt, Fachgesellschaften empfehlen das Medikament allerdings nicht mehr routinemäßig zur Prävention von Herzleiden. 

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