Der gelbe Enzian ist die Arzneipflanze 2022 in Österreich
Heuer fiel die Wahl also auf die bekannte Alpenpflanze gelber Enzian. Auszüge der Wurzel werden als traditionelle pflanzliche Arzneimittel zur Unterstützung der Verdauungsfunktion und zur Appetitanregung verwendet. Die Jury bestand aus der Herbal Medicinal Products Platform Austria (HMPPA) , in der Experten und Expertinnen österreichischer Universitäten sitzen.
Verantwortlich für die Wirkung sind stark bitter schmeckenden Pflanzenstoffe, die an spezifischen Bitterstoffrezeptoren binden und reflektorisch die Speichel- und Magensaftsekretion anregen. Neuere Untersuchungen zeigen, dass Enzian-Extrakte und deren Inhaltstoffe entzündungshemmende, lipidsenkendende und anti-atherosklerotische Wirkungen aufweisen, aber auch zu einer Stimulation des Nervenwachstums führen. Daraus ergibt sich viel Potential für zukünftige Anwendungen. Allerdings müssen diese Effekte noch in klinischen Studien am Menschen bestätigt werden.
Schutzproteine
An der Haut fördern die Bitterstoffe aus dem Enzian die Bildung von Schutzproteinen und Lipiden, und damit die Ausbildung einer intakten Hautbarriere. Dies könnte die Verwendung des gelben Enzians für die Wundheilung erklären. Es gibt aber auch neue Studien, die eine entzündungshemmende Wirkung von äußerlich angewendetem Enzianextrakt an der Haut und bei Neurodermitis zeigen. Die molekulare Struktur der Bitterstoff-Rezeptoren (TAS2R) wurde erst im Jahr 2000 aufgeklärt. Heute sind beim Menschen über 25 Bitterstoff-Rezeptoren bekannt, die man in fast allen Organen des menschlichen Körpers findet. Dort vermitteln sie vielfältige Effekte. So wirken Bitterstoffe an der Lunge krampflösend und erleichtern das Abhusten, positive Wirkungen, die bereits an Asthmapatienten und Patienten mit COPD geprüft wurden. Es ist davon auszugehen, dass die Entdeckung der Bitterstoff-Rezeptoren im ganzen Körper nicht nur eine Rationale für die traditionelle Verwendung des gelben Enzians liefert, sondern auch neue Einsatzmöglichkeiten für den Enzian aufzeigt.
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