Bruchlinien der Gesellschaft als Gefährder der psychischen Gesundheit

Bruchlinien der Gesellschaft als Gefährder der psychischen Gesundheit
Viele Menschen haben das Gefühl, sie verlieren den Anschluss und haben keine Chance mehr, macht Pro mente austria aufmerksam.

Auf die Bruchlinien der österreichischen Gesellschaft hat Pro mente austria am Welttag der psychischen Gesundheit im Rahmen einer Pressekonferenz in Wien aufmerksam gemacht: Laut dem Dachverband besteht Gefahr für den Zusammenhalt und damit für die seelische Gesundheit der einzelnen Akteure. "Menschen haben das Gefühl, sie verlieren den Anschluss und haben keine Chance mehr", warnte Psychiater Günter Klug vor den Folgen dieser Entwicklung.

"Was tut mir gut?", laute die Frage, die sich jeder Einzelne lernen sollte zu beantworten, sagte Klug. Denn die Frage "Was mach ich falsch" - die würden wir alle kennen. Was den sozialen Zusammenhalt angeht, so sei "einer der größten Einflussfaktoren, dass die Schere zwischen Arm und Reich nicht zu sehr auseinander geht", erläuterte der Präsident des österreichischen Dachverbands der Vereine und Gesellschaften für psychische und soziale Gesundheit außerhalb der Psychiatrie.

Veränderungen der Arbeitswelt

Doch nicht nur diese Bruchlinie vergrößert sich auch als Folge der Corona-Pandemie weiter, auch Veränderung der Arbeitswelt, in der Jobs für die weniger Qualifizierten verschwinden, erzeugen bei jenen Menschen mit geringerer Bildung Existenzdruck - und ein ungleicher Zugang zur Bildung verstärke das Problem noch weiter. Konfliktpotenzial berge auch das Verhältnis zwischen der jüngeren und der älteren Generation, denn der Ausgleich zwischen diesen beiden Gruppen werde weiter verschoben.

All die genannten Tendenzen sorgen bei vielen Menschen für massiven Druck und chronischen Stress und der mache krank - nicht nur psychisch, sondern auch körperlich von Diabetes bis zum Herzinfarkt, erzeuge Suchtverhalten und Suizidalität. Wenn sich Betroffene isolieren, dann wirkt auf sie noch die Einsamkeit und "Einsamkeit ist ein Killer aus eigener Kraft", warnte Klug, Untersuchungen zeigen dies.

Doch ebenso zeigen andere Untersuchungen, was gegen diese Entwicklungen - neben der Bekämpfung von Armut und Stigmatisierung psychisch Erkrankter - unternommen werden kann, führte der Experte weiter aus. So gehe aus einer Studie etwa hervor, dass etwa die OECD-Mitgliedsstaaten viermal so viel in den sozialen Bereich investieren als die USA, die im Gegensatz dazu jedoch mehr Aufwendungen im Gesundheitsbereich habe - aber bei der Lebenserwartung trotzdem schlechter abschneiden würde: "Es ist also unbedingt nötig, die sozialen Rahmenbedingungen mit einzubeziehen", folgert Klug.

Das zeige eine weitere Studie der Universität Wisconisn, laut der das Gesundheitsverhalten die Lebenserwartung zu 30 Prozent, medizinische Faktoren zu 20, jedoch sozialökonomischen Faktoren zu 40 Prozent beeinflussen würden, zehn Prozent beziehen sich auf Umweltfaktoren.

Fake-News haben Folgen auf Geisteszustand

Eine Erklärung dafür lieferte der Pro-mente-Vizepräsident Georg Psota: "Der Mensch ist ein durch und durch soziales Wesen", er sei ein Wesen, das von Kooperation abhängig ist. "Das Erfolgsgeheimnis des Menschen ist es in großen Gruppen zu funktionieren", so Psota, denn bei anderen Primaten hört sich die Funktionalität bei 30 bis 50 Mitgliedern auf, nicht so beim Mensch, "weil es ihm möglich ist, gemeinsame Geschichten zu erfinden - und an diese zu glauben".

Jedoch sei der Mensch ist nicht darauf angewiesen, dass die Geschichte stimmen muss, und hier kämen die sozialen Medien ins Spiel, sagte Psota. Er bezeichne sie gerne als "antisoziale Medien", denn sie könnten "wunderbar erlogene Geschichten in großen Gruppen verbreiten", wodurch manche Menschen manipulierbar würden, erläuterte der Experte die Hintergründe von Fake-News und ihren Folgen auf den Geisteszustand mancher ihrer Konsumenten. "Das ist ein Aufruf an die Medien, an soziale Medien, dass sie sich bewusst sein müssen, was sie auslösen können", so der Psychiater und Neurologe.

Letztendlich gehe es um ein einziges Motto, sagte Karin Reiter-Prinz, Vorstandsmitglied von pro mente Austria, und nannte den Leitsatz der WHO: "Es gibt keine Gesundheit ohne psychische Gesundheit" voran. Die psychische Gesundheit sei das Fundament. "Psychisch gesunde Menschen haben auch bessere Prognose ihre physischen Erkrankungen zu bewältigen", im Gegensatz dazu zeige es sich, dass aber psychisch Kranke auch dazu neigen, physische Symptome zu entwickeln.

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