Bessere Behandlungsmöglichkeiten beim Leberzellkarzinom

Eine gesunde Leber ist ausschlaggebend für Wohlbefinden und Leistungsfähigkeit.
Kombination von Immuntherapie und Blockade von Gefäßneubildung vor Zulassung in Europa.

Etwa 900 Menschen erkranken in Österreich jedes Jahr an einem Leberzellkarzinom. Bei etwa einem Drittel ist zum Zeitpunkt der Diagnose keine potenziell heilende Operation möglich. Die schlechten Behandlungsmöglichkeiten soll jetzt eine Kombination von Krebs-Immuntherapie und der Hemmung der Gefäßneubildung im Tumor (Angiogenesehemmung) verbessern, erklärte jetzt Hepatologe Markus Peck-Radosavljevic (Klinikum Klagenfurt) gegenüber der APA.

Die neue medikamentöse Therapieform sorgt unter Fachleuten bereits seit einigen Monaten für Aufmerksamkeit. Jetzt steht sie offenbar in der EU unmittelbar vor der Zulassung durch die Arzneimittelbehörde EMA. "Die Daten der Zulassungsstudie (Phase III; Anm.) wurden erstmals beim ESMO Asia-Kongress Ende vergangenen Jahres vorgestellt. Die Studie war bereits nach der ersten Zwischenauswertung abgebrochen worden. Im Frühjahr dieses Jahres ist sie im New England Journal of Medicine publiziert worden", sagte Peck-Radosvljevic.

Großes Problem in der Medizin

Das Leberzellkarzinom ist nach wie vor ein großes Problem in der Medizin. Vor allem bei Patienten mit großen inoperablen Tumoren und Metastasen außerhalb der Leber wurde und wird intensiv nach besseren medikamentösen Therapieformen geforscht. "85 Prozent der Patienten haben zugleich eine Leberzirrhose. Deren Ursache liegt zumeist in einer chronischen Hepatitis C, einer chronischen Hepatitis B oder sie ist alkoholbedingt. Diese Patienten sind sehr schwer zu behandeln", erklärte der Experte.

Bisher war vor allem der synthetisch hergestellte und oral einzunehmende Tyrosinkinase-Hemmer Sorafenib die etablierte Therapie. Doch die Entwicklung in der Onkologie ist vor allem mit den neuen Immuntherapeutika fortgeschritten. Deshalb wurde vom Schweizer Pharmakonzern Roche eine neue Kombi-Behandlung ins Auge gefasst: Der in bereits bei mehreren Karzinomerkrankungen eingesetzte Angiogenesehemmer Bevacizumab (monoklonaler Antikörper) plus das Immuntherapeutikum Atezolizumab, ebenfalls ein monoklonaler Antikörper. Das erste Medikament hemmt Tumorwachstum durch die Blockade der Gefäßneubildung. Atezolizumab hingegen ist ein sogenannter Immuncheckpoint-Inhibitor, der Tumore wieder durch das Immunsystem angreifbar machen soll.

In die Wirksamkeits- und Verträglichkeitsstudie (IMbrave150) wurden 501 Patienten aufgenommen. Zwei Drittel davon erhielten die Kombinationstherapie (Bevacizumab/Atezolizumab), ein Drittel Sorafenib. Dies erfolgte bis zum Eintreten nicht akzeptabler Nebenwirkungen oder bis zum Verlust der Wirkung. Die Ergebnisse laut der Publikation im New England Journal of Medicine: Bei der Erstauswertung, die zum Abbruch der Untersuchung führte, zeigten die Patienten unter der neuen Therapieform eine um 42 Prozent reduzierte Mortalität. Das war statistisch signifikant. Das Gesamtüberleben nach zwölf Monaten betrug unter der Kombinationsbehandlung 76,2 Prozent, bei Behandlung mit dem Tyrosinkinase-Hemmer 54,6 Prozent. Das mittlere progressionsfreie Überleben (PFS; Überleben ohne Fortschreiten der Erkrankung; Anm.) erhöhte sich unter der neuen Therapie im Vergleich zur alten von 4,3 auf 6,8 Monate.

Weitere Auswertungen in nächster Zukunft dürften den Trend aller Voraussicht nach noch zusätzlich und längerfristig untermauern, betonte der Hepatologe, der ehemals am Wiener AKH (MedUni Wien) gearbeitet hat. Man hätte auch weniger Nebenwirkungen beobachtet. Noch nicht geklärt ist, welche Therapie man Patienten anbieten sollte, die auf die Kombinationstherapie nicht oder nicht mehr ansprechen. Dazu sind weitere Untersuchungen notwendig. Möglich ist laut dem Experten auch, dass sich der Kreis der Patienten, für welche die neue Therapieform infrage kommt, noch erweitert: Ein hoher Prozentsatz von zunächst wegen eines Leberzellkarzinoms Operierter hat innerhalb von fünf Jahren einen Rückfall.

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