Anders in Indien, jenem Land, das von der neuen Variante am stärksten betroffen ist. Angesichts steigender Corona-Zahlen gilt in Indiens Hauptstadt Neu Delhi wieder eine Maskenpflicht. Wer an öffentlichen Orten ohne Maske erwischt wird, muss 500 Rupien (6 Euro) Bußgeld zahlen. In der Millionenmetropole wurden in den vergangenen Tagen rund 2.000 Fälle pro Tag registriert. Der Anteil der positiv ausgefallenen Corona-Tests sei auf knapp 18 Prozent gestiegen, berichtete India Today.
In ganz Indien mit seinen mehr als 1,3 Milliarden Einwohnern wurden zuletzt mehr als 16.000 Neuinfektionen an einem Tag gemeldet, wie offizielle Zahlen am Donnerstag zeigten. Das sind weniger als derzeit in ganz Deutschland. Experten haben bisher aber mehrfach Zweifel an der Aussagefähigkeit der indischen Corona-Zahlen geäußert und gesagt, dass sie zu niedrig seien. Zumindest steigen die Krankenhaus-Einweisungen derzeit nicht an.
Forscher in Indien haben seit Mai mehr als 1.000 Proben der Variante sequenziert. Die Daten deuten darauf hin, dass etwa zwei Drittel der neuen Fälle in Indien derzeit durch BA.2.75 verursacht werden, sagt Shahid Jameel, Virologe an der Universität Oxford (Vereinigtes Königreich), im Interview mit Nature. Der Wissenschafter hatte zuvor das indische SARS-CoV-2-Sequenzierungskonsortium geleitet.
Antikörperflucht von BA.2.75
Sowohl BA.5 als auch BA.2.75 dürften ähnliche Fähigkeiten haben, Antikörpern besonders gut zu entgehen: Laut einer aktuellen Studie, die bisher nur als Preprint erschien, ist der Grund für die erhöhte Infektiosität von BA.2.75 unklar.
Die Wissenschafter zeigen aber, dass BA.2.75 eine wesentlich höhere ACE2-Bindungsaffinität aufweist als BA.5. (Sie können die Studie hier auf Englisch nachlesen.)
Die Probanden in dieser Labor-Studie waren mit drei Dosen des chinesischesn Impfstoffs CoronaVac geimpft. BA.2.75 konnte die Antikörper von Delta-Genesenen gut umgehen außerdem waren BA.5-Genesene vor einer neuerlichen Infektion mit BA.5 deutlich besser geschützt als vor einer Infektion mit BA.2.75.
Darüber hinaus waren die monoklonalen Antikörper Evusheld (Tixagevimab/Cilgavimab) und Bebtelovimab weiterhin wirksam gegen BA.2.75.
Studienautor Yunlong Richard Cao von der Universität Peking auf Twitter: "Am wichtigsten ist, dass wir herausgefunden haben, dass BA.2.75 im Rekonvaleszentenplasma eine starke Flucht vor BA.5-Durchbruchsinfektionen hat. Dies würde BA.2.75 nach der globalen BA.4/5-Welle einen enormen Übertragungsvorteil verschaffen. BA.2.75 könnte sich demnach durchsetzen und seine erhöhte Rezeptorbindungsfähigkeit könnte eine weitere Aufnahme von immunevasiven Mutationen ermöglichen."
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