Bewegung: Reichen 4.000 Schritte ein bis zwei Mal in der Woche aus?
4.000 Schritte durch den Schönbrunner Schlosspark zu walken ist ein guter Anfang für untrainierte Menschen. Auf Dauer ist das aber zu wenig, noch dazu, wenn man nur gemächlich dahinschlendert.
Bereits 4.000 Schritte an ein bis zwei Tagen in der Woche können einen positiven Gesundheitseffekt haben: Das zeigt jetzt zumindest eine große US-Studie. In diese Untersuchung wurden mehr als 13.500 Frauen mit einem Durchschnittsalter von knapp 72 Jahren eingeschlossen. Reicht dieses insgesamt geringe Bewegungsausmaß tatsächlich auf Dauer aus? Oder sollte es nicht doch mehr sein?
Für diese Studie wurde vom Team aus dem Brigham and Women’s Hospital in Boston, USA, im ersten Schritt erhoben, an wie vielen Tagen in der Woche die Teilnehmerinnen zumindest 4.000 Schritte unterwegs sind. Dann wurden über einen Zeitraum von zehn Jahren die Todesfälle und die Herz-Kreislauf-Erkrankungen unter den Probandinnen dokumentiert.
Wie viele Schritte sind für gesunde Bewegung nötig?
Das zentrale Ergebnis der Studie, die 2025 im British Journal of Sports Medicine erschienen ist:
- Frauen, die an ein oder zwei Tagen in der Woche zumindest 4.000 Schritte gingen, hatten ein um 27 Prozent niedrigeres Risiko einer Herz-Kreislauf-Erkrankung im Vergleich zu jenen Frauen, die weniger Schritte unterwegs waren.
- Auch das Risiko, in den zehn Jahren Beobachtungszeit zu versterben, war um 26 Prozent niedriger.
- Bei Frauen, die an drei oder mehr Tagen in der Woche jeweils 4.000 Schritte absolvierten, war das Sterberisiko sogar um 40 Prozent reduziert. Und höhere tägliche Gehstrecken senkten es weiter.
„Aufgrund der heutigen niedrigen Schrittzahlen wird es immer wichtiger, die Mindestmenge an körperlicher Aktivität zu bestimmen, die zur Verbesserung der Gesundheit erforderlich ist, damit wir der Öffentlichkeit realistische und erreichbare Ziele anbieten können“, wird der Epidemiologe I-Min Lee, einer der Studienautoren, in einer Aussendung zur Studie zitiert. Und er verweist auch darauf, dass in den USA das tägliche Ausmaß an Bewegung besonders gering ist - gerade auch bei der älteren Bevölkerung.
Sportmediziner zu 4.000 Schritten: "Das ist nicht der Plafond"
Aber bedeuten die Ergebnisse jetzt, dass zwei Mal in der Woche 4.000 Schritte – also rund 2,5 Kilometer – ausreichend sind für die körperliche Fitness? "Für die Allgemeinbevölkerung kann man das so nicht sagen", betont der Kardiologe und Sportmediziner Josef Niebauer, ärztlicher Direktor des Universitätsinstituts für Sportmedizin und des ambulanten REHA-Zentrums am Uniklinikum Salzburg sowie des Ludwig Boltzmann Instituts für Digitale Gesundheit und Prävention. "4.000 Schritte sind nicht der Plafond, sondern ein Ausmaß, ab dem sich erste messbare Unterschiede zeigen im Vergleich zu denjenigen, die weniger bis gar keine Bewegung machen."
Je untrainierter ich bin, desto größer ist der Trainingseffekt von jedem einzelnen Schritt, den ich zusätzlich mache.
Wobei die Schrittzahl alleine noch wenig aussagt über einen gesundheitlichen Effekt: "Entscheidend ist der Grad der Fitness, den jemand hat. Wer komplett untrainiert ist, vielleicht auch noch übergewichtig, und sich bisher kaum bewegt hat, dessen Herz-Kreislauf-Gesundheit profitiert auch von 4.000 Schritten stark. Je untrainierter ich bin, desto größer ist der Trainingseffekt von jedem einzelnen Schritt, den ich zusätzlich mache."
Gleichzeitig werden aber die allermeisten Menschen, die 4.000 Schritte um einige Häuserblocks spazieren, keine Herzfrequenz erreichen, bei der man von einem Trainingseffekt für das Herz-Kreislauf-System sprechen könne.
Nicht nur die Zahl der Schritte, auch die Intensität ist wichtig
Für die Allgemeinbevölkerung sei deshalb ein höheres Ziel als ein oder zwei Mal in der Woche 4.000 Schritte in niedrigem Tempo notwendig: "Da geht es dann nicht nur um die Zahl der Schritte, sondern besonders auch um die Intensität. Und hier sind täglich gut 20 Minuten bzw. wöchentlich 150 Minuten Bewegung in moderater Intensität - also zügiges, rasches Gehen oder Radfahren mit 16 bis 20 km/h - das Minimum. Das entspricht auch den Kriterien der Weltgesundheitsorganisation WHO", betont Niebauer.
Bereits vor einigen Jahren sind Studien erschienen, die zeigten, dass tägliches Gehen von mindestens 4.000 Schritten das Risiko senkt, an unterschiedlichsten Krankheiten zu sterben. "Für bisherige Bewegungsmuffel ist dieses Bewegungsausmaß ein guter Anfang, ein Einstieg."
Allerdings zeigen diese Studien auch, dass pro 500 bis 1.000 zusätzlichen Schritten das Risiko für Erkrankungen und Todesfälle weiter sinkt. Niebauer: "Studien mit Angehörigen von Gesundheitsberufen haben eindeutig nachgewiesen: Den größten gesundheitlichen Nutzen hatten jene Personen, die pro Woche fünf bis zehn Stunden körperlich aktiv waren, egal, ob sie rasch gingen, joggten oder andere Bewegungsformen bzw. Sportarten ausübten."
Niebauer findet es generell "ein wenig traurig", dass man oft auf der Suche nach dem Minimum an Bewegung ist, ab dem man einen gesundheitlichen Nutzen hat. "Vielmehr sollte man doch an den Punkt kommen, an dem man sagt, die Bewegung tut mir so gut und ist so schön, da möchte ich gerne mehr davon machen – und das auch so oft wie nur möglich. Nur dann wird man das Training ein Leben lang durchhalten."
Empfehlung des Sportmediziners für Bewegungseinsteiger
Niebauer empfiehlt für Bewegungseinsteiger, die in niedriger Intensität unterwegs sind, "sich an den berühmten 10.000 Schritten täglich zu orientieren, weil man so gut messen kann, was man bereits absolviert hat und was noch fehlt".
Fortgeschrittene sollten sich dann aber mit Nordic Walking, Joggen, Radfahren – ohne Motor – , Schwimmen, Skilanglaufen und anderen Ausdauersportarten anfreunden und diese für mindestens 150 Minuten in der Woche, also zirka 20 Minuten am Tag, ausüben. "Damit hat man dann schon eine sehr gute Basis für ein gesundes Herz-Kreislauf-System gelegt."
Kommentare