Schweres Erbe: Die dunkle Seite des britischen Empire
Eine Stunde lang läuteten die Kirchenglocken in ganz Jamaika am vergangenen Freitag und auf den Cayman Inseln feuerte man 96 Salutschüsse: Der Tod der Queen wird auch in den einstigen Kolonien in der Karibik nach strengem royalem Zeremoniell betrauert. Ihr Sohn Charles hat die Rolle des Staatsoberhauptes von Belize bis zu den Bahamas bereits übernommen. Wie lange aber wird er sie behalten? Seit Jahren wächst in den Karibikländern, wo Sklavenarbeit einst den Reichtum Großbritanniens mehrte, der Unmut über die Monarchie. Der Tod der Königin, so titelte vor wenigen Tagen eine Tageszeitung auf Jamaika, werde „den Bruch mit der Monarchie leichter machen“.
Charles weiß um dieses Problem – und er hat schon als Kronprinz versucht gegenzusteuern.
Im Vorjahr wurde er auf die Karibikinsel Barbados ein-, oder wohl eher vorgeladen. Dort musste er die Quasi-Kündigung für das Königshaus entgegennehmen. Die einstige britische Kolonie hatte beschlossen, eine Republik zu werden, und wollte keinen englischen Monarchen mehr.
Charles zerknirschte sich ausführlich. Sprach von der „erschreckenden Gräueltat der Sklaverei“, die wohl „für immer unsere Geschichte beflecken wird“. Und während die Flagge des Königshauses eingeholt wurde, blieb ihm nichts anderes übrig, als Barbados alles Gute für die Zukunft zu wünschen.
Barbados ist die erste einstige britische Kronkolonie seit 50 Jahren, die den Royals den Stuhl vor die Tür stellt. Queen Elizabeth verlor offiziell kein Wort darüber, doch Palast-Beobachter berichteten, dass sie empört gewesen sei.
Missmut in der Karibik
Doch für das Königshaus geht es um mehr als eine Insel in der Karibik. Es geht um die Rolle der Royals in den insgesamt 15 Ländern rund um die Welt, in denen die Queen Staatsoberhaupt war. Gerade in der Karibik regt sich Missmut. Man will endlich eine Entschuldigung für die Verbrechen der Sklaverei, unter denen man besonders gelitten hatte. Inseln wie Jamaika waren nicht nur Umschlagplatz für den Menschenhandel, sondern auch Zentren jener Agrarindustrie, die durch Sklavenarbeit angetrieben wurde und so den Kolonialherren satte Profite bescherte.
Um die Lage zu beruhigen, beschloss das Königshaus im Vorjahr, seine vermeintlich populärsten Mitglieder zu entsenden. Kronprinz William und seine Frau Kate reisten nach Jamaika, um dort gute Stimmung für das Königshaus zu machen.
Doch die Jubelstimmung, die einst Queen Elizabeth bei ihren Touren durch die früheren Kolonien begleitete, lässt sich nicht mehr zurückholen. Die Buhrufe, die das junge Paar schon bei der Ankunft auf Jamaika erwarteten, waren unüberhörbar – und die Kommentare in der lokalen Presse unzweideutig: „Könige, Königinnen, Prinzen und Prinzessinnen gehören ins Märchen, nicht nach Jamaika.“
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