Erforscht: Warum Game of Thrones süchtig macht

Wissenschafter haben herausgefunden, worin der Schlüssel zum weltweiten Megaerfolg der Fantasyserie liegt.

Über keine andere Serie wurde in den vergangenen Wochen so oft in den Medien berichtet: Die achte und letzte Staffel von "Game of Thrones" begeistert derzeit Millionen Menschen.

Doch warum ist die Fernsehserie eigentlich so beliebt? Dieser Frage haben sich deutsche Forscher gewidmet und vergangenes Jahr eine Studie dazu veröffentlicht.

"Verschiedene Faktoren sorgen dafür, dass Fernsehserien wie 'Game of Thrones' für Menschen so attraktiv sind", fasst Claus-Peter H. Ernst, Wissenschaftler der Frankfurt University of Applied Sciences (Frankfurt UAS) sowie der SRH Hochschule Heidelberg, zusammen. "Sie stillen beispielsweise klassische menschliche Bedürfnisse wie den Wunsch, Freunde zu haben und sich zugehörig zu fühlen", erklärt Ernst, der die Studie zur Identifikation mit Serienfiguren zusammen mit Kollegen der Goethe-Universität Frankfurt am Main und der Johannes Gutenberg-Universität Mainz durchführt hat.

Erweiterte Familie am Bildschirm

Unter den diversen Faktoren ist jener des sozialen Zugehörigkeitsgefühls zentral: "Die Identifikation mit einzelnen Figuren einer Fernsehserie sorgt für die Entwicklung eines sozialen Zugehörigkeitsgefühls. Die Zuschauerinnen und Zuschauer betrachten diese als Vertraute, an deren Geschichte sie gefühlten Anteil haben. In 'Game of Thrones' findet sich für jeden eine Identifikationsfigur; jeder Figur werden bestimmte Charakterzüge zugeordnet", sagt Ernst.

Menschen identifizieren sich Ernst zufolge gerade dann mit den Figuren einer Serie, wenn ihr eigenes Leben Parallelen zum erzählten Leben des fiktiven Charakters aufweist. "So könnte sich beispielsweise jemand, der in seiner eigenen Familie eine Außenseiterrolle einnimmt, mit der Figur Tyrion Lannister identifizieren. Manchmal fühlen sich Menschen aber auch Figuren zugehörig, die so sind, wie sie gern wären, oder Figuren, die sie sich als Vorbilder suchen wie beispielsweise Arya Stark oder Daenerys Targaryen." Die Serie gebe diesen Menschen dann das Gefühl, die Figuren sehr gut zu kennen, "und sie können diese dann als eine Art erweiterte Familie oder erweiterten Freundeskreis wahrnehmen".

Macht der Cliffhanger

Die menschliche Neugier ist ein weiterer Faktor, der gerade bei "Game of Thrones" eine große Rolle spielt. Das bedeutet konkret: Die Zuschauerinnen und Zuschauer wollen wissen, was ihre Serienheldin oder ihr Serienheld in den nächsten Episoden erlebt und können das Sehen der nächsten Folge kaum erwarten. "Viele Fernsehserien sind so aufgebaut, dass man trotz der sogenannten Cliffhanger davon ausgehen kann, dass der Protagonist oder die Protagonistin überlebt. Bei 'Game of Thrones' ist ein Cliffhanger wirklich noch ein Cliffhanger. Hier kann es passieren, dass die Lieblingsfigur, die die Zuschauerin oder der Zuschauer fünf oder sechs Jahre hat aufwachsen und sich entwickeln sehen, stirbt. Die Spannung, die bei vielen anderen Formaten verloren gegangen ist, wird hier aufrechterhalten", sagt Ernst.

Zudem würden Download- und Streaming-Anbieter den einfachen Einstieg in die bereits seit einigen Jahren laufende Serie begünstigen. "So können Personen, die gerade erst angefangen haben, die Serie zu schauen, alle älteren Folgen nacheinander abrufen und die Geschichte ihrer Lieblingsfiguren an einem Stück verfolgen."

Wenn aus Faszination Abhängigkeit wird

Die Experten sehen in der allgegenwärtigen Verfügbarkeit von Medieninhalten auch negative Auswirkungen. "Alle Zuschauerinnen und Zuschauer verspüren hin und wieder den Wunsch, mehr von einer bestimmten Serie wie 'Game of Thrones' zu sehen. Es kann aber auch vorkommen, dass Menschen so viele Folgen konsumieren, dass man von einer psychischen Abhängigkeit sprechen muss – und Netflix und Co. sorgen dafür, dass man schnell und einfach an die 'Suchtmittel' gelangen kann."

Betroffene würden gereizt reagieren oder sich niedergeschlagen fühlen, wenn sie aus welchen Gründen auch immer nicht so viele Folgen ihrer Lieblingsserien sehen können, wie sie wollen. "Spätestens dann muss das eigene Verhalten selbst oder durch andere hinterfragt werden", mahnt Ernst.

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