Eisschmelze erhöht Infektionsgefahr für Robben & Co.

Robben in der Arktis leben gefährlich.
Der Klimawandel in der Arktis fördert die Verbreitung von Krankheitserregern bei Meeressäugern.

Das schwindende Eis in der Arktis könnte neue Gesundheitsgefahren für Robben und andere Meeressäuger bringen. Denn durch die offenen Wasserflächen kommen vormals getrennte Tierpopulationen und deren Viren häufiger in Kontakt. Auf diese Weise könnte zum Beispiel das Seehund-Staupevirus vom Nordatlantik in den Nordpazifik gelangt sein, zu diesem Schluss kommen US-Forscher.

Offene Wasserflächen nehmen zu

Der Klimawandel heizt die Arktis stärker auf als jede andere Region der Erde. Als Folge schrumpft das arktische Meereis schon seit Jahren und selbst nahe am Nordpol gibt es in den Sommermonaten inzwischen viele offene Wasserflächen. Forscher gehen davon aus, dass die zentrale Arktis bereits ab 2040 für Schiffe befahrbar werden könnte.

Diese Entwicklung wird wird einschneidende Veränderungen für das Ökosystem des Nordpolarmeeres bringen: „Der Schwund des Meereises beeinflusst die Verfügbarkeit von Lebensräumen, die Verbreitung von Tierarten und die Interaktionen zwischen einzelnen Spezies“, erklären Elizabeth VanWormer von der University of California in Davis und ihre Kollegen.

Neue Gesundheitsgefahren

Dadurch ergeben sich für die Meeresbewohner auch neue Gesundheitsgefahren, wie nun das Beispiel des Seehund-Staupevirus (PDV) enthüllt. Dieser für Robben und andere Meeressäuger potenziell tödliche Erreger war lange Zeit vor allem aus dem Nordatlantikraum bekannt. 1988 und 2002 verursachte das Virus regelrechte Epidemien unter europäischen Seehunden, tausende Tiere verendeten.

Im Nordpazifik schien das Seehund-Staupevirus dagegen nicht vorzukommen – bis 2004. Damals wurde es zum ersten Mal bei dort lebenden Seeottern nachgewiesen.Um mehr über die Verbreitung herauszufinden, werteten VanWormer und ihr Team nun Daten zu PDV-Infektionen bei Seehunden, Ottern und Co aus dem Zeitraum zwischen 2001 und 2016 aus.

Staupevirus breitet sich aus

Die Analysen ergaben: Im Nordpazifik lebende Meeressäuger kamen 2003 und 2004 vermehrt mit dem Erreger in Kontakt. Mehr als 30 Prozent der getesteten Tiere trugen das Virus damals in sich. In den folgenden Jahren trat das Staupevirus in diesen Populationen wieder seltener auf, bevor es 2009 zu einer erneuten Infektionsspitze kam. Das Risiko einer Infektion war 2004 und 2009 deutlich höher als in anderen Jahren: um das 9,2-Fache.

Interessante Hinweise für die Ausbreitung des Virus lieferten auch Satellitendaten. Sie zeigten, dass es in den Phasen vor dem Auftauchen der Erreger im Nordpazifik besonders viele offene Wasserflächen im arktischen Meer gegeben hatte – neue Routen, vom schmelzenden Meereis freigelegt.

Auswirkungen noch unklar

Zwar ist noch unklar, welche Folgen der zunehmende Kontakt mit dem Staupevirus auf die im Nordpazifik heimischen Spezies hat. Anders als im Nordatlantik kam es dort bisher nicht zu Epidemien. Allerdings könnten einzelne Häufungen von Todesfällen, zum Beispiel unter Seeottern, auf das Virus zurückgeführt werden, wie die Forscher spekulieren. Auch aus dem Nordatlantik ist jedoch bekannt, dass der Erreger längst nicht bei allen infizierten Tieren zum Krankheitsausbruch führt.

Übertragung mit verheerenden Folgen

Trotzdem birgt das schwindende Meereis nach Ansicht des Teams zumindest potenziell neue Gesundheitsrisiken – eine Gefahr die mit der zunehmenden Erwärmung weiter steigen könnte. „Der Verlust des Meereises fördert die Verbreitung von Krankheitserregern“, konstatiert VanWormers Kollegin Tracey Goldstein. „Wenn sich Tiere bewegen und in Kontakt mit anderen Arten kommen, können sie neue Infektionskrankheiten einführen und übertragen – mit möglicherweise verheerenden Folgen.“

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